Aufständische erreichen die Hauptstadt Bamako.

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Demonstranten begrüßen das Militär.

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Soldaten in der kürzlich eroberten Stadt Diabaly.

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Präsident Ibrahim Boubacar Keïta bei seinem Auftritt vor der UN-Generalversammlung.

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Bamako – Nach einem mutmaßlichen Militärputsch in Mali hat Präsident Ibrahim Boubacar Keïta in der Nacht auf Mittwoch seinen Rücktritt sowie die Auflösung von Regierung und Parlament angekündigt. "Ich teile Ihnen meine Entscheidung mit, ab sofort von allen meinen Ämtern zurückzutreten", sagte Keïta, der wenige Stunden zuvor von aufständischen Soldaten festgesetzt worden war.

"Ich möchte, dass kein Blut vergossen wird, um mich an der Macht zu halten", begründete Keïta seine Entscheidung und dankte "dem malischen Volk für seine Unterstützung in diesen langen Jahren". Bei der Ansprache, die im staatlichen Fernsehen übertragen wurde, trug Keïta einen Mund-Nasen-Schutz.

Die Anführer des Militärputsches in Mali versprachen am Mittwoch, in "angemessener Zeit" Neuwahlen abzuhalten. Eine zivile Übergangsregierung soll eingesetzt werden und die Wahlen organisieren. "Wir, die patriotischen Kräfte des Nationalen Komitees zum Wohl des Volkes, haben entschieden, unsere Verantwortung vor dem Volk und der Geschichte zu übernehmen", sagte Ismael Wagué, der stellvertretende Stabschef der Luftwaffe, im Staatsfernsehen. Zugleich versprach er, bestehende internationale Verträge einzuhalten.

Präsident und Regierungschef festgesetzt

Am Dienstagmorgen hatten malische Soldaten laut Augenzeugen auf dem Stützpunkt in der Stadt Kati, etwa 15 Kilometer von der Hauptstadt Bamako entfernt, Schüsse in die Luft abgefeuert. Anschließend fuhren sie im Konvoi nach Bamako, wo sie von einer jubelnden Menge empfangen wurden, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Regierungschef Cissé hatte die Soldaten am Nachmittag noch aufgerufen, die Waffen niederzulegen und in einen "brüderlichen Dialog" einzutreten, "um alle Missverständnisse auszuräumen". Die Vorfälle zeugten von "einer gewissen Frustration, die legitime Ursachen haben kann". Später wurden Cissé und Keïta nach übereinstimmenden Angaben der Putschisten und eines Sprechers von Cissé von den Aufständischen festgesetzt.

Immer wieder Massenproteste

Keïta stand zuletzt massiv unter Druck, weil es ihm nicht gelungen war, einen seit 2012 andauernden jihadistischen Aufstand im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen. Verschleppte politische Reformen, eine schwächelnde Wirtschaft und Korruptionsvorwürfe hatten die Stimmung gegenüber Keïta weiter verschlechtert. Die Oppositionsbewegung M5-RFP forderte den Rücktritt des 75-jährigen Präsidenten und organisierte immer wieder Massenproteste gegen ihn.

In Mali – sowie anderen Ländern der Sahelzone – sind etliche islamistische Terrorgruppen aktiv, einige haben dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. In dem Land sind derzeit auch 15 österreichische Soldaten als Teil der Uno-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission Eutm Mali im Einsatz.

Internationale Sorge vor Destabilisierung

Die Festnahme des Präsidenten und des Regierungschefs stieß international auf scharfe Kritik. Es wurde befürchtet, dass ein Sturz des malischen Präsidenten die ganze Sahel-Region Westafrikas weiter destabilisieren könnte. Frieden und Stabilität in der Region sind insbesondere für Europa von Bedeutung, gilt diese doch als wichtiges Transit- und mittlerweile auch Herkunftsland für bzw. von Flüchtlingen und Migranten. Der Uno-Sicherheitsrat berief laut Diplomaten für Mittwoch eine Sondersitzung zu Mali ein.

Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) verurteilte kurz vor Keïtas offiziellem Rücktritt den "Militärputsch" und kündigte Sanktionen an. Die Mitgliedstaaten würden ihre Grenzen mit Mali schließen und Sanktionen gegen die Putschisten fordern, hieß es in einer Mitteilung der Organisation. Mali werde zudem aus den Entscheidungsgremien der Organisation, der 15 Staaten angehören, ausgeschlossen. (APA, red, 19.8.2020)