Von jeher beflügelt der Mond die Fantasie der Menschen. In allen Kulturen der Welt rankten sich Mythen um den wandelbaren Begleiter der Erde. Die fast schon romantische Sehnsucht nach unserem Trabanten befeuerte in den 1960er-Jahren den Wettlauf der US-Amerikaner und der Sowjets zum Mond. Seit damals befinden sich auch Proben auf der Erde, die bei den Apollo- und Luna-Missionen gesammelt wurden. Erst 1982 wurde nach dem Fund von Mondmeteoriten erkannt, dass Steine auch ohne menschliches Zutun vom Mond zur Erde gelangen. Ein besonders großes Exemplar eines solchen Meteoriten ist seit kurzem im Naturhistorischen Museum in Wien (NHM) zu bestaunen: Galb Inal bringt fast zwei Kilogramm auf die Waage.

Der Neuzugang in seiner Vitrine. Gefunden wurde Galb Inal in einer Wüstenregion Mauretaniens. Seine Kruste ist schwarzglänzend und weist die typische Wüstenpatina auf. Bei dem Stein handelt es sich um eine feldspatische Brekzie mit diversen mineralischen Einschlüssen..
Foto: NHM Wien / Rittmannsperger

Das NHM zählt zu den bedeutendsten Naturkundemuseen und hat in einigen Bereichen Weltklasse zu bieten. Zu den Abteilungen, die im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz belegen, zählt die Meteoritensammlung. Bei dieser handelt es sich nicht nur um die älteste Sammlung von außerirdischen Eindringlingen, sondern auch um die mit Abstand größte Ausstellung von Meteoriten. Keimzelle der Kollektion ist der 1751 gefallene Eisenmeteorit von Hraschina. Sein von zahlreichen Menschen beobachteter Fall erbrachte schließlich den endgültigen Beweis, dass tatsächlich Steine vom Himmel stürzen können.

Schwieriges Mehren der Sammlung

An den Objekten der Sammlung forschten bedeutende österreichische Naturwissenschafter wie Karl Franz Anton von Schreibers und Alois von Beckh-Widmanstätten. In ihren Fußstapfen ist heute Ludovic Ferrière unterwegs. Der Impaktforscher ist seit 2011 Kurator am NHM und unter anderem für die Meteoritensammlung verantwortlich.

Seit der Neuaufstellung des Meteoritensaals im Jahr 2012 präsentiert sich die altehrwürdige Kollektion der noch viel älteren Objekte in einem modernen Outfit. Damals konnte für die Sammlung dank einer Erbschaft der Marsmeteorit Tissint um 400.000 Euro angekauft werden. Zwar trägt das Bundesmuseengesetz den Institutionen auf, das "anvertraute Sammlungsgut zu mehren und zu bewahren". Für Ersteres fehlt dem NHM jedoch schon lange die finanzielle Grundlage. Neuerwerbungen stellen Ferrière daher vor besondere Herausforderungen. Hilfreich ist für ihn die Tatsache, dass er dank seiner Forschungstätigkeit international bestens vernetzt ist. So konnte er in den vergangenen Jahren unter anderem Exemplare der Meteoriten Viñales aus Kuba und Yardymly aus Aserbaidschan nach Wien holen.

Der Ankauf von Galb Inal wurde hingegen ebenfalls durch eine Erbschaft möglich. Die Wienerin Hatice Skarits begeisterte sich für Astronomie und schätzte den Meteoritensaal des NHM. Sie vermachte dem Museum 2016 ihren Schmuck mit dem Auftrag, dass um den Erlös ein Meteorit angekauft werden solle. Der Kurator hatte schon lange den 2011 in Mauretanien gefundenen Galb Inal auf seiner Wunschliste. Zwei Bruchstücke mit insgesamt knapp mehr als vier Kilogramm waren damals in der Wüste geborgen worden. Das zweite Fragment wurde zerteilt, zwei Scheiben des Stückes wurden vom NHM zusätzlich für die Forschung erworben. Mondmeteoriten zu betrachten sei ein Weg, den Mond zu erforschen – ein spektakulärer Vorteil für die Erforschung des Ursprungs, der Geologie und der Geschichte des Mondes, erklärt Ferrière: "Mondmeteorite helfen nicht nur, den Mond besser zu verstehen, sondern auch unsere Erde." Wie hoch der Preis für den Ankauf genau war, will er nicht sagen, nur so viel: "Gemeinsam mit Tissint handelt es sich definitiv um die teuerste Erwerbung der jüngsten Jahrzehnte."

Ludovic Ferrière hält den Mond in seiner Hand. Jedenfalls fast zwei Kilogramm des Mondes. Galb Inal ist als größter Stein vom Mond in der Sammlung das neue Prunkstück im Meteoritensaal des NHM. Möglich wurde die Erwerbung dank der Hinterlassenschaft einer astronomiebegeisterten Gönnerin des Museums.
Foto: NHM Wien, C. Rittmannsperger

Mit der Erwerbung von Galb Inal ist die Zahl der Mondmeteorite in der Ausstellung in zehn Jahren von zuvor einem Stück auf nunmehr zehn angewachsen. Der Zuwachs spiegelt auch den enormen Anstieg der Meteoritenfunde wider: Seit dem ersten Fund 1982 ist die Zahl der bekannten Mondmeteoriten auf über 400 angewachsen. Diese erreichen zusammen eine Masse von rund 666 Kilogramm und haben damit die vom Menschen zur Erde gebrachten Proben längst überflügelt: Bei den Apollo-Missionen wurden insgesamt 380,95 Kilogramm Mondgestein gesammelt, von den Luna-Robotern 301 Gramm.

Die Mondvitrine im Meteoritensaal ist mittlerweile gut gefüllt. Links und rechts sind die Proben der Apollo-Missionen zu sehen, dazwischen liegen verschiedene Mondmeteorite.
Foto: NHM / Ludovic Ferrière

Unbezahlbare Apollo-Proben

Während jedoch Mondmeteorite mit dem entsprechenden finanziellen Einsatz von zum Teil mehreren Hundert Euro pro Gramm angekauft werden können, sind die Apollo-Mondgesteine auf legale Weise um kein Geld der Welt erhältlich – sie gehören der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Ausgesuchte Museen erhalten von der Nasa Exemplare als Leihgabe. Das NHM verfügt über einen von Apollo 15 gesammelten Basalt sowie zwei Sandproben von Apollo 15 und 17 und nimmt auch hier den internationalen Spitzenplatz ein, ist es doch die einzige Institution außerhalb der USA, die drei Apollo-Proben zeigen kann. Eigentlich vier: Hinzu kommt noch der von Richard Nixon allen Nationen der Welt gestiftete "Goodwill Moon Rock".

Die Nasa stellte dem NHM ein von der Apollo-15-Mission gesammeltes lunares Basaltfragment als Leihgabe zur Verfügung.
Foto: NHM / Ludovic Ferrière
Ebenfalls zu sehen sind Bodenproben. Diese bestehen aus vulkanischem Glas.
Foto: NHM / Ludovic Ferrière

(Michael Vosatka, 9.9.2020)