Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will aus seiner Sicht "guten und pragmatischen Ideen" wie etwa jener der Arbeitszeitverkürzung eine Chance geben, "um gemeinsam durch die Krise zu kommen".

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Berlin – Seit der Corona-Krise wird nicht nur hierzulande über die Aufteilung der Arbeitszeit auf mehrere Personen unter dem Schlagwort Viertagewoche diskutiert. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Vorschläge der IG Metall, für die Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun offen Sympathien zeigt. Die "reduzierte Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich kann eine geeignete Maßnahme sein", sagte der Minister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Mittwoch. Allerdings müssten sich Sozialpartner auf einen derartigen Vorstoß einigen, so Heil.

Ähnlich wie in Österreich sind die Arbeitgeber aber gegen jegliche Verkürzung der Arbeitszeit. Auch der CDU-Wirtschaftsrat lehnt eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit mit begrenztem Lohnausgleich – so die Forderung der IG Metall für die Jobs in der Metall- und Elektroindustrie – ab. Die IG Metall forderte einen "gewissen Lohnausgleich" für Beschäftigte in diesen Branchen, damit es sich die Mitarbeiter leisten können.

DIW-Präsident für Reduktion, gegen Lohnausgleich

Für machbar hält der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, die Einführung einer Viertagewoche – allerdings nur bei Verzicht auf vollen Lohnausgleich.

"Gegen eine Viertagewoche, gegen flexible Arbeitszeiten ist erst einmal nichts einzuwenden, wenn das die Arbeitgeber und Arbeitnehmer so wollen", sagte Fratzscher der "Passauer Neuen Presse" am Dienstag. "Entscheidend ist immer die Frage des Lohnausgleichs." Dieser bedeute effektiv deutliche Lohnerhöhungen und damit steigende Kosten für Unternehmen. Fratzscher findet das kritisch, denn die gesamte deutsche Wirtschaft sei angeschlagen.

Der Wirtschaftsforscher geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren in vielen Branchen keine Lohnerhöhungen geben werde. Die vorhandene Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und damit mehr Menschen weniger Stunden arbeiten zu lassen hält Fratzscher für einen klugen Vorschlag. "Doch auch wenn man das nur mit einem teilweisen Lohnausgleich macht, ist das in dieser Krise keine Lösung." Er sehe nicht, wie man die Stundenlöhne aktuell erhöhen könnte: "Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist für mich momentan allein sinnvoll, wenn man Arbeitsplätze dadurch sichern kann. Steigende Arbeitskosten würden die Unternehmen dagegen noch mehr belasten."

Einzelne Unternehmen preschen vor

Aktuell gibt es nur einzelne Unternehmen, die sich entschieden haben, die Arbeitszeit zu verkürzen. In Deutschland setzt etwa Daimler auf diese Maßnahme, um Jobs zu sichern. Der Stuttgarter Autobauer kürzte bereits im Juli für ein Jahr Arbeitszeit und Gehalt tausender Beschäftigter.

In Österreich forderte die SPÖ ein Fördermodell zur Arbeitszeitverkürzung. Der Corona-bedingte Nachfrageeinbruch soll zur freiwilligen Einführung einer Viertagewoche genutzt werden, die vom Staat gefördert wird, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. (lalo, APA, 19.8.2020)