Der Franzose Benjamin Bernheim hat für seinen Abend Poetisches gewählt.

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Das Problem angenehmer Stimmen tritt zutage, wenn ihre Attraktivität unparfümiert und brutal Wahrheit vermitteln soll. Es steht der Vokalist vor der Frage, ob das Lied für seine Edelstimme da ist oder sich die Stimme dem Inhalt unterzuordnen hat. Wählt der Vokalist jedoch passendes Repertoire, lösen sich solch Fragen, wie bei Tenor Benjamin Bernheim, in differenziertem Wohllaut auf.

Der Franzose hat für seinen Abend im Haus für Mozart klug eher Poetisches gewählt, muss sich nicht verbiegen, um die Botschaften authentisch rüberzubringen. Alles andere als ein Schönklangautomat. Begleitet von der klangsensiblen Pianistin Carrie-Ann Matheson ist Bernheim jener Gestalter, dem seine sichere Technik die Freiheit gewehrt, das Unbewusste der Miniaturen zu erhellen.

Dezibel mit Klarheit

Auf der Wolke des Wohlklangs ist offenbar vieles möglich: Bei Berlioz’ Zyklus Les Nuits d’été, op. 7 changiert er zwischen knabenhaft-unschuldiger Lyrik und extrovertierter Eloquenz. Je nach Bedarf. Welche Dezibel-Ebene er auch wählt, Klarheit ist selbstverständlich zugegen, auch wenn er seine Stimme quasi "aushöhlt".

Bei Duparcs L’Invitation au voyage, sehr delikat von Matheson umrahmt, führt die Zurücknahme der Stimme regelrecht zur Entmaterialisierung der Töne. Und evoziert Bernheim einen fahlen Ausdruck, wird es bei Duparcs La Vie antérieure ziemlich kühl im Mozarthaus.

Schließlich landet er im Buch der der Emotionen beim Kapitel Prachtentfaltung: Offenherzig expressiv Strauss’ Heimliche Aufforderung op. 27/3 und ebenso später als Zugabe Franz Lehárs Dein ist mein ganzes Herz. Aus dem düsteren Unbewussten mancher Lieder wurde ins Land des Lächelns geführt. Aber auch dies sehr niveauvoll. (toš, 20.8.2020)