Die Android-Entwicklung funktioniert mittlerweile wie ein gut geöltes Uhrwerk: Jedes Jahr im Spätsommer gibt es eine neue Generation des Google-Betriebssystems. Und diesen Rhythmus lässt man sich auch durch solch eine Kleinigkeit wie eine weltweite Pandemie nicht durcheinanderbringen. Mit Android 11 gibt es nun also wieder einen großen Versionssprung. Was dieser alles an für die Nutzer sichtbaren Neuerungen bringt, ist eine Frage, der in Folge in gewohnter Ausführlichkeit nachgespürt werden soll.

Zu viele Benachrichtigungen

Es gab eine Zeit, da waren Benachrichtigungen auf einem Smartphone eine sehr einfache Sache: Sie waren vor allem dazu da, die Nutzer über eingehende Nachrichten – einst vor allem über SMS – oder verpasste Anrufe zu informieren. Mit der Zeit wurde dieses System aber für immer mehr Aufgaben genutzt, was zwar in vielerlei Hinsicht durchaus sinnvoll ist, es aber auch zunehmend schwerer machte, das wirklich Wichtige aus der Masse herauszufiltern. Mit Android 11 versucht Google nun einen neuen Versuch, und zwar, indem man das besonders herausstreicht, was schon einst besonders wichtig war: die direkte Kommunikation mit anderen Menschen.

Android 11 ist da.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Konversationen als Lösung

Unter dem Namen "Konversationen" gibt es im Benachrichtigungsbereich von Android nun eine eigene Kategorie, die Messenger-Apps und ähnlichen Tools zur direkten Kommunikation von Mensch zu Mensch vorbehalten ist. Diese erscheint nicht nur über allen anderen Benachrichtigungen, sie wurde auch optisch umgestaltet, sodass etwa der Avatar des Gegenübers gleich zu sehen ist. Innerhalb dieser Kategorie können dann sämtliche Gespräche noch einmal mit unterschiedlichem Gewicht versehen werden. Besonders wichtige Konversationen bekommen dann beispielsweise den Status "Priorität", mit dem sie – wenn gewünscht – sogar den "Do Not Disturb"-Modus durchbrechen können. Umgekehrt ist es aber auch möglich, einzelne Konversationen komplett stumm zu schalten.

Und noch ein Detail: Der Avatar eines Einzel- oder Gruppengesprächs wird auch zur Repräsentation der Benachrichtigung in der Statuszeile herangezogen, damit die Nutzer gleich auf den ersten Blick sehen, wer da gerade kommunizieren will.

Kombiniert wird all das mit einem weiteren neuen Konzept, das bereits in Android 10 kurz zu sehen war, aber nie fertig umgesetzt wurde: den Bubbles. Dabei handelt es sich um eine Art systemweite Implementation von Facebooks Chat Heads. Einmal aktiviert, werden die wichtigsten Mitteilungen als kleine Icons in Form des zugehörigen Avatars über dem restlichen Smartphone-Geschehen eingeblendet. Tippt man auf dieses Icon, wird dann das aktuelle Gespräch als Overlay eingeblendet, und es kann direkt an dieser Stelle geantwortet werden, ohne auf die betreffende App wechseln zu müssen.

Sind mehrere solche Benachrichtigungen vorhanden, werden die Icons übereinander gelagert. Erst nach dem Antippen werden sie dann nebeneinander angezeigt, und es kann – ebenfalls ohne Wechsel in die zugehörigen Apps – rasch zwischen den verschiedenen Diskussionsträngen gewechselt werden. Das Bubble-Icon kann dabei mehr oder weniger frei positioniert werden, wobei die Einschränkung gilt, dass es immer automatisch am Bildschirmrand angeordnet wird.

Die "Konversationen" werden nun getrennt von anderen Benachrichtigungen dargestellt (links). Alternativ kann man diese auch fix als Bubbles über dem restlichen Smartphone-Geschehen anzeigen lassen, dabei werden auch neue Nachrichten kurz eingeblendet (Mitte). Nach dem Drücken auf das Icon bekommt man Zugriff auf den gesamten Konversationsverlauf und kann direkt antworten (rechts).
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Ein neuer Ansatz

Ob man diese Bubbles mag oder nicht, ist ein klassischer Fall von Geschmackssache. Was für die einen eine nützliche Neuerung ist, um immer Zugriff auf die wichtigsten Konversationen zu haben, mag andere schlicht nerven – immerhin liegt hier dann auch oft ein Icon über dem restlichem Smartphone-Geschehen. Für die zweite Fraktion gibt es die gute Nachricht, dass all dies optional ist. Und natürlich kann man auch einzelne Bubbles aus dem Weg räumen.

Unabhängig davon, ob man mit den Bubbles etwas anfangen kann: Von dem dahinter stehenden Umbau des Benachrichtigungssystems zu einer App-übergreifenden Konversationszentrale profitieren alle. Und der stellt eine durchaus interessierte Verschiebung im Nutzungsmodell für Android dar. Weg von einem App-zentrierten Ansatz hin zu einem mehr rund um Kontakte und einzelne Personen aufgebauten Konzept. Eines, bei dem zunehmend unwichtiger wird, auf welchem Weg man mit jemandem kommuniziert, und bei dem der Android-Benachrichtigungsbereich – oder eben die Bubbles – zu einer Art Meta-Messenger werden. Zyniker könnten an dieser Stelle nun anmerken, dass Google damit endlich die Lösung für sein Messenger-Problem gefunden hat.

All das ist übrigens erst der Anfang: Dave Burke, Leiter der Android-Entwicklungsabteilung bei Google, betonte vor einigen Wochen, dass kommende Android-Versionen noch stärker in Richtung eines personenzentrierten Nutzungskonzepts gehen sollen.

Einstellungen

Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Neben diesen größeren Fragen gibt es aber auch noch einige interessante Details: So gibt es für die Konversationen einen eigenen Einstellungsbereich, damit die Nutzer nicht den Überblick verlieren, was sie jetzt konkret für welche Konversation festgelegt haben. Zudem wurde auch sonst das Aussehen der Benachrichtigungen verändert. Die einzelnen Kategorien sind optisch stärker von einander getrennt, gibt es mehrere Nachrichten in einer zusammengehörigen Benachrichtigung, wird deren Anzahl nun über ein Icon ausgewiesen.

Eine weitere nützliche Neuerung ist die Notification History: Diese befindet sich in den Systemeinstellungen und weist aus, welche Benachrichtigungen zuletzt eingegangen sind. Sehr hilfreich, wenn man einmal unabsichtlich eine Notification weggewischt hat.

Gerätesteuerung

Die zweite große Neuerung in Android 11 verbirgt sich hinter einem Langdruck auf den Power Button. Dieser Bereich wurde nicht nur optisch umgestaltet, neben den gewohnten Optionen zum Ausschalten und Neustarten gibt es nun die neue Gerätesteuerung, die als Schnellzugriff für die wichtigsten Smart-Home-Aufgaben gedacht ist. Wer will, kann hier also mit einem Touch all Lichter in der Wohnung abdrehen oder auch den Staubsauger auf seine Runde schicken – ohne zuvor erst die passende App suchen zu müssen.

In der Praxis erweist sich dieser Ansatz als ein echter Gewinn für all jene, die solche Geräte im Einsatz haben. Einfach weil dieser Zugriff wesentlich flotter ist, als zuerst einmal die passende App suchen zu müssen.

Die aktuelle Implementation hat aber auch ihre Schwächen: Dadurch, dass diese Knöpfe in einigen Fällen mehrere Funktionalitäten vereinen, kann es leicht passieren, dass man Einstellungen unabsichtlich verändert. Ein konkretes Beispiel: Für Licht dient der entsprechende Knopf sowohl für Ein/Ausschalten als auch für die Helligkeitsregelung (über einen seitlichen Swipe). Wer hier etwas unentschlossen auf die Schaltfläche drückt, kann schon mal unabsichtlich die Lichtintensität verändern. Das ist natürlich schnell korrigiert, aber trotzdem immer wieder ein mühsames Ereignis, vor allem wenn es auch noch Mitbewohner gibt, die sich wundern, warum das Licht plötzlich seine Helligkeit ändert.

Ein Langdruck auf diese Buttons offenbart üblicherweise weitere Detaileinstellungen, etwa für die Lichtfarbe und die Möglichkeit, die Intensität feiner einzustellen. Zudem gibt es an dieser Stelle dann auch einen Knopf, um zur zugehörigen App zu kommen.

App-Anbindung

Um all das zu ermöglichen, bietet Android 11 neue Schnittstellen, über die sich Smart-Home-Apps mit diesem Bereich integrieren können. Derzeit wird dies vor allem von Google Home unterstützt, es ist aber davon auszugehen, dass bald weitere Apps folgen werden. Ein interessantes Beispiel für das Potenzial dieses Ansatzes liefert die Automatisierungs-App Tasker: Ein experimentelles Plug-in erlaubt es dieser nämlich, in den "Device Controls" beliebige Knöpfe unterzubringen.

Über die Schaltflächen können Geräte nicht nur ein- und ausgeschaltet werden, bei Licht kann hier auch die Intensität geregelt werden (links). Ein Langdruck auf den Schalter gibt Zugriff auf weitere Detaileinstellungen (Mitte). Ist der Lockdown-Modus aktiviert, werden "Power Off" und "Restart" in einen Button zusammengefasst, es gibt in Folge also einen weiteren Dialog zur Auswahl (rechts).
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Wer jetzt befürchtet, dass dieser Bereich mit dem Wildwuchs an Smart-Home-Apps unterschiedlicher Hersteller schnell unübersichtlich werden könnte, der kann beruhigt werden: Was hier angezeigt wird, steht unter voller Kontrolle der Nutzer. Sie können also sowohl einzelne Apps ganz ausblenden – etwa wenn sie ihre Geräte sowohl in Google Home als auch der Apps des jeweiligen Herstellers haben – als auch einzeln auswählen, welche Devices dargestellt werden können.

Wer bekommt's?

Eine nicht ganz unwichtige Frage bleibt bei all dem allerdings offen, nämlich welche Hersteller dieses Feature überhaupt übernehmen werden. Denn wie sich herausstellt, hat Google die Device Controls in den Vorschriften für Android 11 nur als "empfohlen", aber nicht als "vorgeschrieben" definiert. Das heißt, theoretisch könnten einzelne Anbieter dieses auch komplett ignorieren. Angesichts der Nützlichkeit dieses Systems stellt sich natürlich die Frage, warum sie das tun sollten. Umgekehrt wäre es aber nicht das erste sinnvolle Feature, das von diversen Anbietern ignoriert wird.

In Zukunft will Google an dieser Stelle übrigens noch weitere Funktionen zum Schnellzugriff bieten. In Ländern, in denen Google Pay verfügbar ist, kann schon jetzt schnell zwischen verschiedenen Bezahlmitteln gewechselt werden. Auch Vorteilskarten sowie der Boarding Pass für einen anstehenden Flug werden dann an dieser Stelle positioniert. Und schon bald sollen hier auch Führerschein und andere digitale Ausweise angezeigt werden. Immerhin unterstützt Android 11 den ISO-18013-5-Standard, der für die sichere Speicherung solcher Informationen entwickelt wurde.

Mediensteuerung

Komplett neu gestaltet wird mit Android 11 die im Benachrichtigungsbereich angesiedelte Mediensteuerung. Von Haus aus wird diese nun nämlich nicht nur dauerhaft angezeigt, sie kann auch wesentlich mehr. Über eine seitliche Wischbewegung kann auf die zuletzt gehörten Titel in anderen Apps gewechselt werden. So lässt sich dann etwa von einem Musikstück schnell auf die zuvor gehörte Podcast-Folge oder auch ein Youtube-Video wechseln. Diese Liste übersteht dabei sogar einen Neustart des Geräts.

Was Google hier geschaffen hat, ist also eine Art Wiedergabezentrale für Android-Medien-Apps. Wem das nicht gefällt, der kann dieses Feature übrigens auch deaktivieren, womit es dann wieder das gewohnte Verhalten früherer Android-Versionen gibt.

In der neuen Medienzentrale kann über eine seitliche Wischbewegung zwischen den zuletzt genutzten Apps gewechselt werden (links). Zum Vergleich: Die selbe Benachrichtigung unter Android 10 (Mitte). Der Output Switcher lässt schnell zwischen verschiedenen Geräten wechseln (rechts).
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Mit diesen funktionellen Änderungen geht ein Redesign einher: Im Vergleich zu Android 10 ist die Mediensteuerung nun etwas kompakter. Vor allem gibt es die Möglichkeit auf eine andere Stelle innerhalb eines Lieds zu wechseln erst nach dem vollen Entfalten des Benachrichtigungsbereichs. Das hat auch einen guten Grund: In der nach dem ersten Swipe von oben präsentierten Miniansicht würden sich sonst der Wechsel zwischen verschiedenen Apps mit dem Fortschrittsbalken allzu leicht in die Quere kommen.

Ausgabe

Neben einer neuen Abspiel-Animation fällt optisch sonst vor allem eine Änderung auf: Rechts oben ist immer deutlich zu sehen, auf welchem Gerät aktuell die Wiedergabe stattfindet. Ein Klick darauf öffnet dann den neuen "Output Switcher", der von unten über das restliche Smartphone-Geschehen geblendet wird. Damit lässt sich dann rasch zwischen den Lautsprechern des Smartphones oder auch verbundenen Kopfhörern und Bluetooth-Geräten wechseln. Theoretisch wäre es sogar möglich, in dieser Liste Geräte mit Chromecast-Support anzuzeigen, derzeit wird diese Option aber noch von keiner App umgesetzt.

Eine kleinere Neuerung, die mit all dem genaugenommen nur am Rande zu tun hat, aber irgendwie doch dazu passt: Aufrechte Bluetooth-Verbindungen werden beim Aktivieren des Flugzeugmodus nun nicht mehr beendet. Das sollte sich als äußerst nützlich erweisen, falls man jemals wieder dazu kommt, ein Flugzeug zu betreten.

Teilen statt herrschen

Als sehr sinnvoll erweist sich eine Modifikation der Share-Funktion von Android. Hier werden nun nämlich mehrere Einträge einer einzelnen App zusammengefasst. Erst wenn man das zugehörige App-Icon anwählt, werden alle Optionen angezeigt. Das ist deswegen zu begrüßen, weil hier manche Apps die Liste regelrecht zugespammt haben, die neue Lösung ist da wesentlich übersichtlicher. Ein weiteres Detail: Wurde eine App fix ganz oben zum Schnellzugriff gepinnt, wird dies jetzt über ein eigenes Icon symbolisiert.

Von links: Der neue Screen Recorder. Der neue Share Dialog. Und: Die Bild-in-Bild-Darstellung lässt sich nun vergrößern – allerdings nur sehr begrenzt.
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Ein Feature, das man schon von vielen Android-Varianten anderer Hersteller kennt, landet nun endlich auch offiziell im Code des Betriebssystem: Mit Android 11 gibt es einen Screen Recorder, der über einen neuen Eintrag in den Schnelleinstellungen aufgerufen werden kann. Beim Start können die Nutzer dabei auswählen, ob Touch-Eingaben visualisiert und Ton aufgezeichnet werden soll. Dabei können sowohl eingesprochene Texte via Mikrofon als auch die Ausgabe des Geräts gespeichert werden – oder beides gleichzeitig.

Zu den weiteren Detailverbesserungen gehört, dass sich die Größe des Fensters im Bild-in-Bild-Modus nun in ihrer Größe anpassen lässt. Dazu reicht es, das betreffende Fenster vom Eck nach außen zu ziehen. Allzu viel Spielraum gewährt Google dabei allerdings nicht, eine Ausdehnung auf die volle Breite ist also nicht möglich. Sehr nett ist hingegen, dass es in den WLAN-Einstellungen nun die Option gibt, die automatische Verbindung mit einzelnen Netzwerken gezielt zu deaktivieren. So kann man dann das WLAN-Passwort dauerhaft speichern, aber die Verbindung nur auf Wunsch vornehmen. Und dann wäre noch der Umstand, dass alle Smartphones mit Android 11 nun Android Auto drahtlos nutzen können.

Emoji Time

Einige der neuen Emojis in Android 11.
Zurück ins Jahr 2013: Die alte Schildkröte ist wieder zurück.
Grafik: Emojipedia

Keine neue Android-Release ohne zusätzliche Emojis: Dank Emoji-13.0-Support gibt es in Android 11 also 117 neue Minigrafiken. Die Neuzugänge reichen von einer Transgender-Flagge über einen Ninja bis zum Boomerang. Gleichzeitig hat Google den Stil vieler bisheriger Emojis überarbeitet, wovon auch die am meisten genutzten Smileys betroffen sind. Einem Wunsch so mancher Android-Fans kommt der Softwarehersteller nach, in dem der Look einzelner Tiere – allen voran der Schildkröte – auf einen älteren, niedlicheren Look zurückkehren.

Verbesserungen gibt es beim Autofill-Support: Hier können nun Vorschläge des Systems direkt in einer Zeile der Tastatur-App angezeigt werden. Die Art wie das implementiert ist, sorgt dafür, dass die Tastatur aus Datenschutzgründen zunächst einmal nicht sieht, was alles so vorgeschlagen ist, erst bei der Auswahl werden die Informationen weitergereicht. Googles Gboard hat dieses Feature bereits integriert.

Sprachsteuerung

Ein Punkt, der bei solchen Betrachtungen neuer Features oft viel zu wenig Beachtung findet, ist die Barrierefreiheit. Und in dieser Hinsicht macht Android 11 einen wichtigen Sprung. So werden nun mithilfe von Maschinenlernen sämtliche Objekte am Bildschirm automatisch indiziert. Damit ist es dann bei aktivierter Sprachsteuerung beispielsweise möglich, "Twitter" zu sagen, um die entsprechende App zu starten oder "scroll down" um hinunter zu scrollen. Bisher wurden einfach sämtliche Elemente mit Nummern versehen, die angesagt werden müssen. Der neue Ansatz ist da wesentlich natürlicher.

Privacy

Auf all die strukturellen Verbesserungen von Android 11 – und das sind jede Menge – wurde bereits in einem anderen Artikel ausführlich eingegangen. Insofern an dieser Stelle nur im Schnelldurchlauf die aus einer Nutzersicht wichtigsten Verbesserungen, und dabei geht es vor allem um den Bereich Privacy. So können nun Einmalberechtigungen für Standort, Mikrofon und Kamera vergeben werden. Perfekt wenn man einer App keinen dauerhaften Zugriff auf eine gewisse Ressource geben will.

Mit Android 11 nimmt Google einige Privacy-Verbesserungen am Berechtigungssystem vor. Der dauerhafte Hintergrundzugriff auf die Standortberechtigung kann direkt in der App gar nicht mehr erteilt werden (links), ganz neu sind Einmalberechtigungen (Mitte) und die Storage-Berechtigung hat nicht nur einen neuen Namen sondern auch wesentlich weniger Möglichkeiten zum Datenzugriff als bisher (rechts).
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Bei länger nicht genutzten Apps werden mit der neuen Version die erteilten Berechtigungen automatisch wieder entzogen, außerdem stellt Google neue Hürden auf, um den dauerhaften Zugriff auf die Standortberechtigung zu erschweren. In Zukunft soll es diesen aus einer Privatsphärenperspektive besonders sensiblen Zugriff überhaupt nur mehr nach einer Vorabprüfung durch Google geben – also zumindest für Apps, die aus dem Play Store installiert werden. Eine weitere Neuerung ist, dass mit Android 11 nun die Kontaktnachverfolgung mittels Covid-19-Apps auch ohne Aktivierung der Standortdienste funktioniert. Hier hat Google eine für diesen Fall unerfreuliche Verquickung unterschiedlicher Privatsphäreneinstellungen aufgedröselt.

Ebenfalls komplett umgebaut wird die Storage-Berechtigung. Das Unterfangen nennt sich "Scoped Storage" und soll grob vereinfacht bewirken, dass einerseits künftig deutlich weniger Apps überhaupt die Storage-Berechtigung brauchen, und dass sie selbst dann nur mehr einen stark eingeschränkten Zugriff auf die gespeicherten Daten haben. Strukturell ist dies sicher die wichtigste Änderung in Android 11. Insofern sei noch mal auf den Hintergrundartikel dazu verwiesen, in dem all den zugehörigen Details nachgespürt wird. Und dann wird auch noch jenes "Project Mainline", mit dem Teile des Systems seit Android 10 als standardisierte Module direkt von Google an alle Geräte geliefert werden, deutlich ausgeweitet. 21 solcher Module gibt es in Android 11 jetzt.

Pixel only

Und dann wären da noch eine ganze Reihe von Änderungen, die in diesem Artikel bewusst separat ausgewiesen werden sollen. Handelt es sich dabei doch um Neuerungen, die Google zunächst vor allem für seine Pixel-Smartphones vornimmt, und bei denen unklar ist, ob sie von anderen Herstellern schlussendlich übernommen werden.

Zur Orientierung: Die vorgeschlagenen Apps sind jene, die mit einer semitransparenten Farbe umgeben sind. Die anderen drei Einträge sind fix gepinnt. All das lässt sich aber auch deaktivieren, zudem können einzelne Apps ausgenommen werden.
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Am Homescreen gibt es nun unten eine neue Reihe mit vom System vorgeschlagenen Apps, also jene von denen Android glaubt, dass man sie in der aktuellen Situation gerade brauchen kann. Diese besteht aus fünf Einträgen, wobei allerdings jeder einzelne davon auch fix gepinnt werden kann. Dies ermöglicht einen Mix aus dynamischen App-Vorschlägen und fix positionierten Einträgen.

Das bedeutet auch: Wer das nicht mag, kann einfach alle Positionen zupinnen, und verzichtet damit auf die Vorschlagsfunktion. Oder aber man deaktiviert sie gleich in den Einstellungen. Apropos: Dort gibt es dann nun auch die ebenfalls neue Funktion, einzelne Apps immer von diesen Vorschlägen auszunehmen.

Task Switcher

Diese Neuerung geht mit einer weiteren Änderung einher: Der Task Switcher wurde nämlich optisch überarbeitet. Wo ist hier nun der Zusammenhang? Bisher gab es in dieser Ansicht eine Reihe an vorgeschlagenen Apps, die wird mit Android 11 aber gestrichen. Auch die Google-Suchzeile ist an dieser Stelle nicht mehr zu finden. Den gewonnenen Platz nutzt man einerseits für eine größere App-Vorschau, andererseits aber auch für zwei neue Buttons: Einer, um einen Screenshot vorzunehmen, und der andere für die Auswahl von einzelnen Passagen aus der App.

Bei beiden lohnt es sich, etwas näher hinzusehen: Mit dem Screenshot-Button erleichtert man für viele Nutzer die Erstellung von Bildschirmfotos, bisher musste man hierfür zur gewohnten Tastenkombination greifen. Passend dazu, wurde auch gleich die grafische Umsetzung dieses Features neu gestaltet: Nach jedem Screenshot wird jetzt eine Miniansicht links unten präsentiert, über die dann die Share- und Edit-Funktionen schnell erreichbar sind.

Am Rande: Wer sich fragt, was aus den im Vorjahr versprochenen, scrollbaren Screenshots geworden ist: Dieses Features soll tatsächlich erst mit einer kommenden Version folgen, da man nicht zeitgerecht fertig geworden ist, lautet die etwas verblüffende Antwort von Google zu dem Thema. Zumindest sind auch in dieser Hinsicht manche Dritthersteller schon weiter.

Text- und Bilderkennung

Mit dem zweiten Button im Task Switcher macht man eine der nettesten, versteckten Funktionen von Googles Android-Variante offensichtlicher: Nämlich, dass an dieser Stelle beliebiger Text aus allen Apps kopiert werden kann. Und zwar selbst, wenn er in der App selbst gar nicht als Text ausgeführt ist, sondern etwa in einer Grafik enthalten ist. Möglich ist dies, da hierfür lokales Maschinenlernen eingesetzt wird, dass den Inhalt analysiert. Mit Android 11 werden nun neben Text auch noch Bilder automatisch erkannt und lassen sich ebenfalls herauskopieren. Wer will, kann sich so dann – um ein konkretes Beispiel nennen – die Album Art aus einem Musik-Player lokal abspeichern –, obwohl dies sonst von der betreffenden App gar nicht vorgesehen wäre.

Der neue Task Switcher bietet mehr Platz für die Vorschau und zwei Funktionen: Einen schnellen Zugriff für einen Screenshot der gerade angezeigten App, sowie die smarte Text- und Bildauswahl.
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All das hat aber auch einen nicht zu unterschätzenden Nachteil: Man kann nämlich nun vom Task Switcher aus nicht mehr direkten auf den App Launcher wechseln. Bisher ging dies mit einem zweiten Swipe nach oben. Nun kommt man nicht mehr herum, zunächst von der aktuellen App auf den Homescreen zu wechseln. Wirklich langsamer ist das zwar auch nicht, allerdings müssen sich hier wohl viele erst wieder umgewöhnen.

Files by Google statt Files

Eine weitere Neuerung: Auf den Pixel-Geräten ersetzt "Files by Google" den alten Dateimanager. Die App ist ursprünglich für Android-Go-Geräte entstanden, hat sich aber auch jenseits solcher Low-End-Smartphones als äußerst populär erwiesen, warum dieser Wechsel nicht ganz überraschend kommt.

Neben den eigentlichen Dateimanagerfunktionen glänzt die neue App vor allem mit diversen Aufräumoptionen. So werden etwa länger nicht mehr benutzte Apps oder große Dateien zum Löschen vorgeschlagen. Zudem gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, einen "sicheren" Ordner anzulegen, der die darin gespeicherten Daten über einen Pin zusätzlich schützt – auch das kennt man zum Teil schon von anderen Herstellern.

Verfeinert wurde an vielen Stellen die optische Gestaltung des Dark Mode, zudem wurde an vielen Stellen Feinschliff am Timing der Animationen vorgenommen und auch ein paar Übergänge ganz neu hinzugefügt. Und dann wäre da noch eine kleine Erweiterung der Pixel Styles App: Konkret bedeutet dies, dass einige neue Formen für die Icon-Darstellung zur Verfügung stehen.

Easter Egg

Was bei einer neuen Android-Generation natürlich nicht fehlen darf, ist ein neues Easter Egg. Und dieses Mal fällt es besonders aufwändig auf: Wie gewohnt, kann dieses zunächst einmal über ein mehrfaches Antippen der Android-Version in den Systeminformationen aufgerufen werden. Anschließend ist ein Drehregler zu sehen, der sich zunächst nur in zehn Stufen drehen lässt. Erst nach mehreren Versuchen dringt man dann zur elften Stufe durch, und das Ganze verwandelt sich in das Android 11 Logo.

Wem es nicht aufgefallen ist: All das ist eine popkulturelle Referenz auf eine Szene aus dem Film "This is Spinal Tap", in der zu sehen ist, dass deren Gitarrist einen Verstärker hat, dessen Laustärkerregler bis zur Stufe 11 reicht, statt wie sonst üblich 10. Daher entstammt der Begriff "up to eleven", auf den man sich damit bezieht.

Das ist aber nicht das Ende des Easter Eggs, sondern erst dessen Anfang. Wird durch all das doch erst ein anderes Feature freigeschaltet: In der zuvor erwähnten, neuen Gerätesteuerung finden sich nämlich plötzlich "Cat Controls". Dort lassen sich dann virtuelle Katzen-Devices wie Spielzeug sowie Wasser- und Futternapf einrichten. Wer diese regelmäßig bedient und nachfüllt kann damit dann Katzen anlocken. Dieser erscheinen ein paar Minuten später als Bubble am Smartphone, ein Touch auf diese offenbart dann, wie viele davon man bereits gesammelt hat. Denn es gibt natürlich ein paar hundert unterschiedliche Katzenstile, die dann auch als Grafik mit anderen geteilt werden können.

Das neue Easter Egg von Android 11 ist ein nett gemachtes Spiel.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Wem das irgendwie bekannt vorkommt, der hat recht. Diese Katzen kamen schon für das Easter Egg von Android 7 zum Einsatz. In der neuen Version werden sie nun genutzt, um auch gleich ein paar der Highlights von Android 11 vorzuzeigen.

Ein Codename, der keiner ist

Bliebe noch eine Frage, die in den vergangenen Jahren einen zuverlässigen Quell für Spekulationen aller Art bildete: nämlich welchen Codenamen die neue Version trägt. Leider wurde diese Tradition aber schon mit Android 10 eingestellt, und auch der Nachfolger muss nun ohne einen solchen Kosenamen auskommen. Zumindest offiziell, den mittlerweile hat Android-Chefentwickler Dave Burke ausgeplaudert, dass intern der Name "Red Velvet Cake" verwendet wird.

Fazit

Mit Konversation, Gerätekontrollen und der neuen Mediensteuerung führt Google in Android drei große Änderungen an seinem Betriebssystem ein, die alle etwas eint: Mit ihnen schafft man zentrale Ort für einzelne Aufgaben, bei denen die einzelnen Apps in den Hintergrund treten. Das ist nicht nur aus einer philosophischen Perspektive in Hinblick auf das Nutzungskonzept von Android spannend, diese Dinge sind allesamt auch ein echter Gewinn für die User.

Gleichzeitig setzt sich aber auch der Trend der vergangenen Jahre fort: Die Zahl der wirklich sichtbaren Neuerung ist überschaubar. Das liegt einerseits daran, dass Google viele Änderungen laufend über App-Updates oder die Aktualisierung der Play Services ausliefert – zuletzt wurde auf diesem Weg etwa mit "Nearby Share" erst ein vollständiges AirDrop-Pendant an praktisch alle Android-Geräte geliefert. Zudem ist aber unübersehbar, dass sich Google viele Features für die Vorstellung seiner jeweils gerade neuesten Generation an Pixel-Smartphones aufbehält, die diese dann noch dazu oft – zumindest vorübergehend – exklusiv bekommen.

Android 11 bringt viele Verbesserungen für die Nutzer – die meisten davon sieht man aber nicht.
Foto: Por

Das bedeutet nicht, dass Android 11 eine unwichtige Release ist, ganz im Gegenteil. Die relevanten Änderungen finden sich nur vornehmlich an anderer Stelle, nämlich "unter der Haube". Und hier hat die neue Softwaregeneration gerade in den Bereichen Privacy und Security wieder jede Menge zu bieten, von dem alle profitieren werden – egal ob ihnen das jetzt oberflächlich bewusst ist oder nicht.

Verfügbarkeit

Android 11 steht ab sofort für alle noch unterstützten Geräte von Googles Pixel-Reihe zum Download – also ab dem Pixel 2. Parallel dazu spricht die offizielle Ankündigung aber auch von der umgehenden Verfügbarkeit der neuen Version für "ausgewählte Smartphones von OnePlus, Xiaomi, Oppo und Realme. Laut einem Bericht von XDA Developers soll es sich dabei aber noch nicht um stabile Updates handeln sondern um neue Testversionen. Konkret ist die Rede von neuen Betas für OnePlus 8, OnePlus 8 Pro, Xiaomi Mi 10, Xiaomi Mi 10 Pro, OPPO Find X2, OPPO Find X2 Pro, OPPO Ace2, OPPO Reno3 4G, OPPO Reno3 Pro 4G und Realme X50 Pro. Andere Hersteller sollen dann in den kommenden Monaten folgen, oder wie gewohnt: auch nicht. (Andreas Proschofsky, 8.9.2020)