Symbolbild: Ein Betrüger, der es auf Ältere abgesehen hat.

Foto: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Wenn Telefonbetrüger bei Jim Browning anrufen, wissen sie gar nicht, was auf sie alles zukommt. Der Nordire macht seit Jahren Jagd auf Kriminelle, die ahnungslose Menschen abzocken. Auf Youtube macht der Mann seine Arbeit öffentlich, rund 1,91 Millionen Abonnenten weist der Brite dort mittlerweile auf. Dabei dreht er den Spieß um: So werden die Betrüger übers Ohr gehauen und oftmals demaskiert.

Jim Browning

Ein Ingenieur, der Betrüger jagt

Gegenüber dem STANDARD schildert der Nordire auch, wieso er das alles macht. Als Ingenieur hasse er es, wenn man ihm sage, dass etwas unmöglich sei: "Mir wurde immer wieder gesagt, dass es ausgeschlossen ist, Telefonbetrüger zu orten. Mit genug Wissen ist es aber möglich, die Betrüger aufzuspüren und sogar herauszufinden, wer dahintersteckt. Ich versuche nun, dass sich diese Gruppen zweimal überlegen, ob sie nun jemanden abzocken", erzählt Browning.

Jim Browning

Umdenken bei Polizei provoziert

Die Infos, die er über die Betrüger sammelt, gibt er an die Polizei weiter. Üblicherweise sind die Firmen in Indien angesiedelt. Dort sollen aufgrund der Arbeit des Nordiren bereits so manche betrügerischen Callcenter geschlossen worden sein. "Ich will einfach etwas verändern, die Polizei hat nun auch langsam angefangen, gegen diese Betrüger etwas zu unternehmen", schildert der IT-Experte weiter. Allerdings gesteht er auch ein, dass es aufgrund der Verbreitung ein gewisser Kampf gegen Windmühlen ist.

Jim Browning

Browning hat nur selten Mitleid

Mitleid verspürt Browning nur selten. Manche Betrüger hätten keine andere Jobchance – andere wiederum wurden durch Inserate getäuscht. Manchen Anrufern sei gar nicht bewusst, dass sie da für ein betrügerisches Callcenter arbeiten. "Bewusst Geld von älteren Menschen zu stehlen setzt ein fehlendes Gewissen voraus. Viele Betrüger sehen diesen Job als schnelle und einfache Möglichkeit, Geld zu verdienen. Die meisten machen das einfach aus Gier, da habe ich einfach nicht viel Mitleid übrig", erzählt der Nordire ferner.

Jim Browning

Immer wieder kleinere Erfolge

Auch wenn es schwierig ist, gegen die vielen Callcenter zu arbeiten, hat Browning immer wieder Erfolge vorzuweisen. Manche Betrüger würden ihn danach anrufen, um ihm zu sagen, dass sie aufgehört haben. Wirklich verifizieren kann er dies aber nicht, wie der Nordire eingesteht. Allerdings habe er mittlerweile auch einen ungewöhnlichen Komplizen gefunden: Ein Mitarbeiter eines betrügerischen Callcenters in Indien arbeitet mit dem Briten zusammen, um seinen eigenen Arbeitgeber zu sabotieren.

Jim Browning

Kein Fulltime-Job für Nordiren

Von seiner Jagd auf Betrüger kann Browning nicht leben. Zwar verzeichnen die mehrminütigen Clips oftmals Millionen Aufrufe, die Einnahme variiert aber viel zu stark, um daraus einen Vollzeitjob zu machen. Mit mehr Unterstützung könnte sich dies aber in Zukunft ändern, wie der Mann anmerkt. Browning weist einen Patreon-Account auf, bei dem die Arbeit des Nordiren mit Kleinspenden finanziert werden kann. Auch einen Paypal-Account für potenzielle Unterstützer weist er auf.

Jim Browning

Warnung für Österreich

Zuletzt gibt der Experte auch Tipps, was man machen kann, wenn man das Gefühl hat, gerade übers Ohr gehauen zu werden: "Vertraue keinem Kaltanruf – gehe immer davon aus, dass es ein Betrug sein könnte. Stelle Fragen – sollte etwas nicht Sinn ergeben, lege sofort auf. Sollte jemand am Telefon etwas auf Ihrem Computer wollen, hol dir Hilfe. Seriöse Firmen begrüßen so was." Und auch wenn derartige kriminellen Praktiken in Österreich noch nicht allzu verbreitet sind, warnt Browning, dass dies in Zukunft sich ändern könnte: "Diese Betrüger haben angefangen, Deutsch, Spanisch und Französisch zu lernen, um auch in Europa ihr Unwesen zu treiben." (Daniel Koller, 23.8.2020)