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Ein wichtiges Faktum ist festzuhalten: Wer etwa der Meinung lautstark Ausdruck verleiht, dass die Corona-Pandemie von Bill Gates erfunden wurde, um uns alle chippen zu können, ist ein Covidiot.

Wer hingegen die Existenz und die Gefährlichkeit der Corona-Pandemie grundsätzlich nicht infrage stellt, sehr wohl aber konkrete Maßnahmen von Regierungen, auch Äußerungen von Experten, auch die Haltung von Medien in Zweifel zieht, ist kein Covidiot, sondern ein kritischer Bürger.

Das festzuhalten ist notwendig, weil etliche STANDARD-Leser/User mir geschrieben haben, sie fühlten sich vor allem in meinen Kolumnen und Glossen nicht ernst genommen und ohne weiteres im Spinnerkistl abgelegt.

So schreibt zum Beispiel Leser Michael G., der in einem Labor arbeitet, dass "nur synchronisierte, von der Politik ausgegebene Meinungen unrecherchiert und frei jeder Evidenz abgedruckt werden".

Das ist (mir) zu pauschal. Selbstverständlich ist man zunächst einmal darauf angewiesen, was offizielle Stellen, nicht nur die Regierung, zu sagen haben. Aber mein Eindruck ist, dass fast alle Medien sehr bald mit einer kritischen Diskussion begonnen haben.

Leserin Karin W. beklagt, dass heute vorschnell alle als "politische Paranoiker" eingestuft werden, die "kritische Fragen" zu Corona-Maßnahmen stellen, und fordert mich auf, weniger "plakativ" zu formulieren. Sie knüpft dann daran allerdings den Pauschalvorwurf, dass ihrer Meinung nach "alle belogen" würden.

Aber der Punkt ist: kritische Diskussion über die Qualität der "Maßnahmen" gegen das Virus oder über die Gefährlichkeit des Virus selbst? Nach überwältigender Expertenmeinung ist das Virus eben keine "kleine Grippe", sondern ein hochansteckendes, schwer fassbares Agens, das auch bei leichten Verläufen ganz schwere Folgen haben kann. Ist das geklärt, können wir in die Tiefe gehen.

Leser Michael G. fordert auf, die Verflechtungen von Pharma, wissenschaftlichen Instituten und Politik zu durchleuchten. Das fällt uns übrigens leichter, wenn auch die Leser der Meinung sind, dass kritischer Journalismus etwas kosten muss.

Allerdings gebe ich zu, dass manche von uns, die sich schon länger mit Verschwörungstheoretikern aller Art beschäftigen, vielleicht auf unseren Ton besser aufpassen und vor allem schärfer trennen sollten: Haben wir es mit unbedarften bis böswilligen Corona-Leugnern zu tun oder mit irritierten, aber grundsätzlich vernünftigen Partnern?

Leserin Monika N. wiederum fühlt sich von mir "mitgemeint, wenn Sie jeden Menschen, der die Maßnahmen nicht kritiklos gutheißt, als minderbemittelten Verschwörungstheoretiker oder rücksichtslosen Egoisten hinstellen". Sie will im Übrigen gar nicht mehr "inhaltliche Diskussionen über die Gefährlichkeit des Virus und die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen anzetteln", da sie davon ausgeht, ich würde kritische Positionen nicht ernst nehmen wollen. Da klingen fundamentale Zweifel durch.

Die ich (wir) nicht teile(n). Man muss das Virus ernst nehmen, anerkennen, dass es sich um eine gefährliche Pandemie handelt, der erste Lockdown richtig war, aber die entsprechenden Verordnungen und auch Äußerungen ("Jeder wird einen kennen, der an Corona gestorben ist") schlampig und teilweise manipulativ waren. Nun, nach der Lockerung, steigen die Infektionen wieder, woraus man den Schluss ziehen kann, dass bestimmte, teils unangenehme Maßnahmen notwendig sind. Die Regierung hat es aber verabsäumt, einen Gesamtplan auszuarbeiten.

Es geht darum, dumpfe Corona-Leugner und kritische Fragesteller auseinanderzuhalten. Dabei kann man immer noch optimieren, versprochen. (Hans Rauscher, 21.8.2020)