Simeon Esper (Tamino) und Terezia Kružliaková (Carmen) in "Impresario Dotcom".

Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Der Hofnarr schläft. Rigolettos riesiger, kahler Clownskopf dominiert auch in diesem Sommer die Bregenzer Seebühne, aber seine Augen sind geschlossen, und ein sanftes Lächeln umspielt seine Lippen. Es scheint, als ob der tragische Lustikus seinen ungeplanten Sommerschlaf genießt. Denn heuer wurden die Bregenzer Festspiele Corona-bedingt abgesagt, es wären die 75. gewesen. Als Trostpflaster für die klaffende Kulturwunde wurden die Festtage ersonnen. 5800 Karten wurden für den achttägigen Mix aus Oper, Konzerten und Lesungen aufgelegt – eine schlecht verkaufte Seevorstellung quasi.

Eine Uraufführung konnte gestemmt werden: L’ubica Čekovskás Impresario Dotcom hätte eigentlich im intimen Theater am Kornmarkt über die Bühne gehen sollen, nun wurde die Opera buffa, die auf Carlo Goldonis Komödie L’impresario delle Smirne (1759/61) basiert, gekürzt und im Festspielhaus gezeigt. Die Verlegung schwächte die Wirkung des intimen Werks.

Betriebskomödie

Čekovská hat für die Opernbetriebskomödie feingliedrige, silberzarte Klänge ersonnen, die von 19 Musizierenden des Symphonieorchesters Vorarlberg unter der akkuraten Leitung von Christopher Ward umgesetzt wurden. Das Klangmaterial mit Spieldosenflair, zwischen Flohzirkus und Zerrspiegelkabinett angesiedelt, entfaltete in den Weiten des Festspielhauses lediglich eine untergewichtige Präsenz. Zudem ermüdeten die Hintergrundgaukeleien der slowakischen Komponistin schnell.

Librettistin Laura Olivi hat den vom Opernagenten Conte Lasca (Christoph Pohl) moderierten Wettstreit der Sänger um die Gunst des rätselhaften Geldgebers Dotcom (Schauspielerin Zeynep Buyraç) auf fünf Opernfiguren übertragen: Orfeo (Hagen Matzeit), Olympia (Eva Bodorová), Carmen (Terezia Kružliaková), Violetta (Adriana Kučerova) und Tamino (Simeon Esper). Čekovská zitiert deren Arien und verfremdet diese. Das Sängerensemble erweist sich als ausgewogen und hochklassig besetzt.

Neue Szenerien mit Tupfern

Die stimmige Inszenierung des Werks bietet den fünf Einzelkämpfern ein ideales Umfeld: Elisabeth Stöppler hat zusammen mit Hermann Feuchter (Bühne) für das Festspielhaus neue Szenerien ersonnen, die die Handlungsorte Flughafen und Hotel andeuten und von Nicole Pleulers Kostümen farbtupferartig belebt werden. Letzten Endes scheitern die Sänger aber trotzdem an Dotcoms Auftrag, als Kollektiv ein Opernhaus zu führen – und ersticken alle an ihrem Eigensinn. Langatmige 90 Minuten. (Stefan Ender, 22.8.2020)