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Freude an Bord des Bohrschiffes "Fatih".

Foto: Reuters / Finance Ministry

Mit unverhohlenem Triumph in der Stimme kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in einer seit Tagen erwarteten Pressekonferenz einen Durchbruch in der türkischen Energieversorgung an. Das türkische Forschungsschiff "Fatih" habe, so Erdoğan, etwas östlich von Istanbul im Schwarzen Meer das größte Gasfeld gefunden, das je für die Türkei entdeckt worden sei. Es beinhalte 320 Milliarden Kubikmeter hochwertiges Erdgas das die türkische Energieversorgung für 20 Jahren abdecken könne.

"Unverhofft hat Gott uns eine Tür geöffnet", sagte Erdoğan und nahm dann auch Bezug auf den Streit um die mögliche Erdgasausbeute im Mittelmeer. Trotz der Proteste der EU und der aggressiven Haltung von Griechenland werde man auch im Mittelmeer die Suche nach Erdgas fortsetzen. Dort hatte es zuletzt Streit bis hin zur Kriegsgefahr gegeben, weil die Türkei nach Sicht Athens im griechischen Meeresgebiet nach Gas gesucht hatte.

Die neunte Bohrung brachte den Erfolg

Erdoğan pries den Fund im Schwarzen Meer als großen nationalen Erfolg an. In der Vergangenheit hätten immer ausländische Unternehmen im Auftrag der Türkei gesucht und nie etwas gefunden. Ab 2017 hätte man dann eigene Schiffe einsetzen können. Die Türkei verfügt aktuell über drei Schiffe die Probebohrungen in mehr als tausend Meter Tiefe unter dem Wasser vornehmen können und zwei weitere Forschungsschiffe für seismische Messungen am Meeresboden vornehmen können.

Das Bohrschiff "Fatih" habe in den letzten Jahren insgesamt 10 Probebohrungen vorgenommen. Die neunte Bohrung hätte den Erfolg gebracht. Schon in drei Jahren, also in 2023 soll das erste Gas aus der Meer fließen. Berat Albayrak, Finanzminister und Schwiegersohn Erdoğans, der auch zu dem Ereignis Stellung nehmen durfte frohlockte, zukünftig werde man nicht mehr über das Außenhandelsdefizit der Türkei reden sondern "nur noch über unsere Überschüsse".

Wirtschaft im Tief

Der Fund, wenn er sich denn tatsächlich in dem Umfang bestätigt, wie Erdoğan das jetzt behauptet, käme für den angeschlagenen Präsidenten zu rechten Zeit. Bei der Rohstoffausbeute im Mittelmeer hat Erdoğan eine große Koalition der übrigen Anrainerstaaten gegen sich.

Bis es dort tatsächlich zu konkreten Ergebnisse kommen kann, wird noch viel Zeit vergehen. Den Erfolg braucht Erdoğan aber jetzt, weil die türkische Wirtschaft vor dem Zusammenbruch steht und der Wert der türkischen Lira gegenüber Dollar und Euro bedrohlich abnimmt. Allein die Spekulation um die Gasvorräte im Schwarzen Meer haben erstmals seit Wochen den Lira-Kurs wieder steigen lassen. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 21.8.2020)