Martha Argerich im substanzvollen Zwiegespräch mit Renaud Capuçon

Adriano Heitman

Am Ende des Stücks schien es, als würde der Geiger sein Instrument mit dem Bogen regelrecht zersägen – dermaßen hatte sich Renaud Capuçon hineingesteigert. Animiert von Meisterpianistin Martha Argerich stampfte er hier (und auch sonst mitunter) taktgerecht auf den Boden, als wollte er dem einen Rufzeichen, das er phrasierungstechnisch gesetzt hatte, weitere drei hinzufügen.

Capuçon war im Haus für Mozart der impulsive Risikomusiker, der Grenzen auslotet, jenes Herbe und Kantige ausreizt, das Prokofjews Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 D-Dur op. 94a ja auch verlangt. Kein Interpret des abgesicherten Mittelwegs also. Natürlich ist neben diesen Passagen eines heftigen instrumentalen Theaters auch jene abstrakte Melodik zugegen, die als schummrig-eisige Poesie strahlt.

Federleicht bis brutal

Widmet sich Capuçon diesen sanglichen Linien, lohnt das Hineinhören in das pianistische Abenteuer, das Argerich zwischen "federleicht" und "brutal" eingeht. Diese Ausdrucksextreme sind bei ihr voneinander oft nur einen Atemzug weit entfernt. Das Abrupte ist jedoch nie plumper Effekt, vielmehr immer dramaturgisch packende Logik.

Repertoiremäßig war es ein Ritt durch die Jahrhunderte. Es gab stilistische Kontraste, die jedoch aus dieser impulsiven Musizierhaltung heraus adäquat belebt wurden. Bei Beethovens Sonate für Klavier und Violine Nr. 8 G-Dur op. 30/3 wirkte besonders der verspielte 3. Satz als rasendes Demonstrationsstück virtuos komponierten Humors. Bei César Francks Sonate für Violine und Klavier A-Dur bändigte das Duo den romantischen Überschwang, Pathos wurde gestalterisch in Intensität verwandelt.

Es klang, ließe sich sagen, alles echt und nicht nach gezuckertem romantischem Süßstoff.

(Ljubisa Tosic, 23.8.2020)