Initiativen wie das Projekt Ocean Cleanup wollen Plastikmüll in den Meeren einsammeln. In einer aktuellen Studie zeigen sich Forscher skeptisch ob des Nutzens.

Foto: The Ocean Cleanup

Schwimmende Barrieren, die Plastik sammeln, können nach einer wissenschaftlichen Studie nur einen kleinen Beitrag zur Reinigung der Meere leisten. "Technologien, wie vom Projekt Ocean Cleanup vorgeschlagen, werden uns nicht dabei helfen, das Plastikproblem zu lösen", sagte Agostino Merico vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen, Ko-Autor der Studie im Fachblatt "Science of the Total Environment"

Stattdessen müsse die Menschheit dringend überdenken, wie wir Plastik produzieren, konsumieren und entsorgen und wie wir nachhaltige Alternativen vorantreiben können, so der Biologe. Das wahre Ausmaß des Problems kommt erst nach und nach ans Licht, erst vergangene Woche berichtete ein anderes Forscherteam, dass die Plastikverschmutzung des Atlantiks weitaus schlimmer sein dürfte als bislang angenommen.

Vielfältige Folgen

Die Auswirkungen von Plastik auf die marinen Ökosysteme sind vielschichtig. Meeresbewohner fressen oder verschlucken Kunststoffteile mit oft tödlichen Folgen. Bei der Zersetzung des Plastiks können giftige und hormonell wirksame Stoffe in die Meeresumwelt gelangen und schließlich auch von Menschen aufgenommen werden.

Mehrere private Initiativen setzen sich dafür ein, Müll aus den Meeren zu holen. Die niederländische gemeinnützige Organisation "The Ocean Cleanup" etwa sammelt mit einer Abfangvorrichtung Plastikmüll im Pazifik. Der aktuellen Studie zufolge sind solche Initiativen zwar begrüßenswert, können das Problem aber nicht lösen.

Die Wissenschafter schätzen, dass derzeit 399.000 Tonnen Plastik an der Wasseroberfläche der Ozeane schwimmen. Die gesamte Menge an Kunststoffmüll im Meer – also auch in tieferen Schichten – beläuft sich nach Angaben von Umweltorganisationen auf viele Millionen Tonnen. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Plastikmenge an der Meeresoberfläche bis zum Jahr 2052 auf mehr als das Doppelte der heutigen Menge ansteigen wird.

Geringer Beitrag

Mit mathematischen Modellen untersuchten die Forscher die Auswirkungen von 200 schwimmenden Barrieren, die Plastik sammeln, um es später an Land zu recyceln oder zu verbrennen. Nach dem Szenario könnten die Vorrichtungen über einen Zeitraum von 130 Jahren etwas mehr als fünf Prozent der geschätzten globalen Gesamtmenge aus den Meeren holen. "Angesichts der riesigen Mengen an Plastikmüll, die fortwährend die Ozeane verschmutzen, ist das ein geringer Beitrag", so Sönke Hohn, einer der Studienautoren.

Die Wissenschafter befürchten zudem, dass Technologien wie schwimmende Müllschlucker eine Rechtfertigung für eine weitere Verschmutzung der Umwelt liefern könnten. Sie verweisen darauf, dass der im Meer gesammelte Müll schwer zu recyceln ist, weil er vielfältig und oft mit Mikroorganismen bewachsen sei. Der Aufwand für eine Sortierung sei demnach sehr hoch. Verbrennen oder Vergraben sei aus ökologischen Gründen unpraktisch, denn so könnte der Boden verunreinigt werden oder CO2 in die Atmosphäre gelangen. "Es gibt nur eine Lösung: Wir müssen die Produktion von Kunststoffen einstellen und alternative, nachhaltigere Lösungen wie die Verwendung biologisch abbaubarer Materialien fördern", sagte Merico. (red, APA, 24.8.2020)