Besonders beim Grenzübergang Karawankentunnel kam es zu kilometerlangen Staus.

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In Zukunft will Peter Kaiser (SPÖ) mehr Zeit um Verordnungen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen.

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Klagenfurt/Wien – Nach den stundenlangen Staus an der österreichisch-slowenischen Grenze in der Nacht auf Sonntag hat sich Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bei allen entschuldigt, die "diese Unpässlichkeit" erleben mussten. Solche Zustände sollten "nie mehr passieren", sagte Kaiser im Ö1-"Morgenjournal" am Montag. Er geht von einem Kommunikationsproblem zwischen Bund und Ländern aus: Gerade in der Corona-Situation brauche es mehr Zeit, um Verordnungen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen. So könne man Rechtsunsicherheiten und Zweideutigkeiten vermeiden. Denn mangelnde Kommunikation in entscheidenden Bereichen sei "die größte Fehlerquelle".

Kaiser will zwar nicht von Schuld sprechen, da "alle Seiten" lernen müssten, "noch mehr miteinander zu kommunizieren", sieht die rigorose Auslegung der Verordnung aber im Verhalten des Gesundheitsministeriums bestätigt. Dass der entsprechenden Verordnung am Montag ein Erlass folgte, zeige, dass die Rechtsauslegung der Kärntner Behörden anfangs korrekt gewesen sei. Nach der Sitzung des Koordinationsgremiums bestätigte Kaiser am Montag seine Vorgehensweise: Nach Österreich Einreisende werden kontrolliert, Durchreisende nur stichprobenartig.

Bis zu zwölf Stunden Wartezeit

Seit Samstag ist eine Verordnung in Kraft, die alle Durchreisenden verpflichtet, eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie ohne Zwischenstopp Österreich durchqueren und das Land wieder verlassen. Einreisende wiederum müssen ein längeres Formular mit zahlreichen persönlichen Daten ausfüllen. Am Samstag und in der Nacht auf Sonntag waren vor allem deutsche und niederländische Urlauber auf der Heimreise. Sie wurden von den neuen Vorschriften völlig überrascht, zumal die Verordnung erst am Samstagvormittag überhaupt an die Bezirksbehörden ging.

Beim Karawankentunnel mussten die heimreisenden Urlauber laut Polizei bis zu zwölf Stunden auf die Abfertigung warten, und auch beim Loibltunnel dauerte es in der Nacht sieben Stunden, bis die Grenze passiert war. Am Sonntag in den frühen Morgenstunden entschieden die Behörden dann, die extrem strengen Kontrollen für die Einreisenden aus Slowenien zu lockern. Daraufhin beruhigte sich die Situation ein wenig. Am Montag stellte das Gesundheitsministerium in einem Erlass klar, dass "von lückenlosen Kontrollen abgesehen werden" kann.

Slowenien überrascht

Überrascht wurde auch Slowenien. Man sei "auf eine so langsame und restriktive Arbeitsweise der österreichischen Behörden" nicht vorbereitet gewesen, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Kranj. Das System sei bei einem zunehmenden Verkehrsaufkommen "inhuman", so die Polizei.

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Auch Kroatien reagierte besorgt. Das kroatische Außenministerium rief dazu auf, so schnell wie möglich eine Lösung für eine schnellere Abfertigung an der Grenze zu finden.

Steiermark legte Verordnung anders aus

Entspannter zeigte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). "Bei uns ist das gut über die Bühne gegangen", sagte Platter bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach. Man sei zudem mit Südtirol bzw. Italien gut abgestimmt. Allerdings, so Platter, sei sein Bundesland nicht mit Kärnten vergleichbar. Dieses sei von Urlaubsrückkehrern stärker betroffen.

Anders legte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz in der Steiermark die Verordnung aus. Deshalb – und weil weniger deutsche Urlauber durchreisen wollten – sei es in Spielfeld zu keinem Megastau gekommen, sagte Bezirkshauptmann Manfred Walch am Montag.

Auch er sieht Widersprüche in der Novellierung: "Zuerst hieß es, die Bestimmung sei verpflichtend für Durchreisende auch ohne Zwischenstopp, dann steht aber, die Behörde sei berechtigt. Was denn jetzt?" Walch habe schon vor einer Woche auf das Thema hingewiesen, für ihn sei ein derartiger Stau zu erwarten gewesen. Darum habe er den Erlass gleich anders ausgelegt, "das ist aus meiner Sicht auch zulässig". In Spielfeld mussten daher durchreisende Urlauber kein Formular ausfüllen. Nur wenn sich die Zuständigen unsicher waren, musste eine Verpflichtungserklärung abgegeben werden.

Regierung forderte stärkere Grenzkontrollen

Auch wenn die betreffende Verordnung kurzfristig an die Behörden kommuniziert wurde, reiht sich die Maßnahme in die Rhetorik der Bundesregierung der vergangenen Wochen ein. Wegen der seit Wochen steigenden Infektionszahlen wies Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gerade auf Heimreisende aus dem Balkan hin. Er sagte, dass das Virus "mit dem Auto" nach Österreich komme, und forderte strengere Grenzkontrollen. "Es ist dringend notwendig, dass die Gesundheitsbehörden sicherstellen, dass hier flächendeckender kontrolliert wird als bisher", sagte Kurz der Zeitung "Österreich" am 15. August.

Auch beim bisher größten Corona-Cluster in Österreich seit Ausbruch der Pandemie gab es Probleme mit Erklärungen, die von ausländischen Touristen unterschrieben werden mussten. So sorgte etwa für Kritik, dass Ausreisende aus Ischgl ein Formular unterschreiben mussten, mit dem sie sich verpflichteten, zügig das Land zu verlassen. Praktisch war dies aber in vielen Fällen nicht möglich, so verbreitete sich das Virus in den Tiroler Gemeinden und darüber hinau. (lalo, APA, 24.8.2020)