Um Gebäude besser vor Bränden schützen zu können, arbeiten Kärntner und slowenische Forscher an Diensten für bestehende Gebäude und Neubauten.

Foto: Imago / Tim Oelbermann

Die Ausbreitung eines Feuers in einem Gebäude hängt von vielen Faktoren ab: von den Materialien, aus denen Möbel, Textilien oder Fenster bestehen, von der Form der Räume und der Luftzirkulation darin, aber auch von Einrichtungen wie Brandschutzwänden, -türen und -klappen oder Sprinkleranlagen, die ein Feuer selbsttätig löschen.

Die Brandschutz-Erfordernisse sind in einer Vielzahl von Standards und Vorschriften niedergeschrieben, die durch einschlägige Forschung mit ihrem Erfahrungsschatz aus Experimenten und Simulationen gedeckt ist.

Künftig könnten Experiment und Simulation aber auch verstärkt zum Einsatz kommen, um Brandschutzmaßnahmen in individuellen Bauwerken zu planen und zu optimieren. "Eine Frage ist, wie man den Brandschutz älterer Gebäude verbessern kann.

Forschung zugänglich machen

Es ist oft schwierig, die Umbauten entsprechend den gegenwärtigen Standards zu gestalten", sagt Martin Schneider, Professor für Baustofftechnologie an der Fachhochschule Kärnten. "Hier mit ingenieurtechnischen Ansätzen Lösungen zu finden, ist einer der Services, die wir dank des Projekts ,Fireexpert‘ anbieten wollen."

Im Rahmen der vom Interreg-Fonds der EU geförderten Kooperation zwischen der FH Kärnten, dem Slowenischen Brandschutzverband und weiteren Teilhabern werden Dienste etabliert, die Unternehmen die Mittel der brandschutztechnischen Forschung zugänglich machen.

Simulationen in 3D

3D-Modelle zur Ausbreitung des Feuers lassen etwa Aussagen über Temperaturentwicklungen an den jeweiligen Materialien und die Effizienz einer konkreten Brandschutzmaßnahme zu. "Beispielsweise simulierten wir eine Industriehalle aus Stahl, die zu einem Museum umfunktioniert werden sollte", erklärt Schneider.

"Wenn Feuer an den blanken Stahl herankommt, verliert er sehr schnell seine Festigkeit. Wir untersuchten mit einer Brandsimulation, wo der tatsächliche Angriff des Feuers im Gebäude stattfinden würde, und konnten etwa zeigen, dass die Decke auch im Brandfall keinen gefährlich hohen Temperaturen ausgesetzt wäre."

Was für bestehende Gebäude ein Thema ist, könnte künftig auch für Neubauten nützlich sein: Architekten hätten dank der Brandsimulationen größere Freiheit bei der Gestaltung von Plänen und Konstruktionsformen. Man könnte Raumgrößen optimieren, Einrichtungskombinationen in Bezug auf ihre Brandlast besser wählen und die Auswahl der nutzbaren Materialien erweitern. In Zukunft könnte man auch eigene Prüfstände entwickeln, um etwa das Verhalten von Löschanlagen im Experiment zu testen.

Zur Optimierung der Materialien, die im Brandschutz verwendet werden, setzen Schneider und Kollegen in Villach bereits jetzt Kleinraumöfen ein, in denen bis zu 1350 Grad erreicht werden – Temperaturen, die die meisten Baumaterialien schlichtweg schmelzen lassen. Damit werden etwa Brandschutzklappen und schäumende Materialien getestet, die als Durchlass von Kabeln oder Rohren in Brandschutzmauern eingesetzt werden.

Kampf gegen die Zeit

Interessant ist bei den Tests etwa, wann erstmals Rauch durchkommt, wann die Materialien beginnen, sich zu verflüssigen, und wann der Bauteil schließlich vollkommen versagt. "Brandschutz bedeutet immer auch, die Zeitspanne zu definieren, die ein Bauteil in einem Feuer durchhält. Sie soll ausreichen, um etwa ein Gebäude zu evakuieren", so Schneider.

Die Möglichkeit der experimentellen Forschung soll Unternehmen helfen, ihre Produkte und Prototypen zu testen und zu optimieren. Für die Prüfung größerer Bauteile – etwa Fenster oder Tunnelschalen aus Beton – steht dagegen am Standort des Slowenischen Brandschutzverbands in Ljubljana ein Großraumofen zur Verfügung, in dem Prüfaufbauten von bis zu etwa vier mal vier Metern möglich sind.

Schließlich soll Fireexpert als Forschungsstelle für Brandschutz auch Versicherungen und Feuerwehren zur Verfügung stehen. Bei den einen geht es um forensische Untersuchungen zur Entstehung eines Brandes, bei den anderen um Einschätzungen, wann ein Stockwerk oder ein Gebäude noch zu Rettungszwecken betreten werden kann.

Auch bei selbststeuernden Erkundungs- und Löschsystemen, die Feuerwehren künftig einsetzen sollen, will die kärntnerisch-slowenische Kooperation mitentwickeln. (Alois Pumhösel, 30.8.2020)