Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Julia Herr kritisiert, dass die Regierung noch kein Konzept für den Wintertourismus erarbeitet hat.

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Wien – Angesichts der nahenden Wintersaison kritisiert die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Julia Herr, die verantwortlichen Politiker hätten nach wie vor kein Konzept vorbereitet: "Diese Regierung rast weiter planlos in Richtung Wintersaison, bevor die Skandale der letzten Saison aufgearbeitet werden. Ein zweites Ischgl darf es nicht geben." Herr stützt diese Kritik auf die Beantwortung ihrer parlamentarischen Anfrage an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Herr wollte Details zum Ablauf der Kommunikation zwischen seinem Ressort und den Verantwortlichen im Land Tirol im März dieses Jahres wissen, als die ersten Reisewarnungen für Ischgl aus dem Ausland kamen. Doch Anschobers Antworten befeuerten Herrs Skepsis nur, wie sie sagt: "Die Beantwortung zeigt, dass hier Verantwortung hin- und hergeschoben wird. Dieses Abputzen muss ein Ende haben."

Minister: Zuständigkeit bei Tiroler Behörde

Konkret meint sie damit, dass Anschober mehrmals auf die Verantwortung der "zuständigen Gesundheitsbehörde", also jener in Tirol, verweist. Etwa wenn es um die in Ischgl gesetzten Maßnahmen und das Definieren mutmaßlich gefährdeter Kontaktpersonen Anfang März geht.

Außerdem scheint es Probleme bei der Kommunikation zwischen dem Ministerium und dem Land Tirol gegeben zu haben. Denn Anschober gibt an, nichts davon gewusst zu haben, dass die Landessanitätsdirektion noch am 8. März, also vier Tage nach der Ischgl-Warnung aus Island, die Einschätzung vertrat, dass "eine Übertragung des Coronavirus auf Gäste der Bar (gemeint ist die Après-Ski-Bar "Kitzloch". Anm) aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich ist". Zudem merkt der Minister an, dass diese Aussage für ihn nicht nachvollziehbar sei.

Frage des Informationsflusses

Noch schärfer als Minister Anschober kritisiert Herr die Tiroler Volkspartei (VP). Sie spricht von "lächerlichsten Aussagen aus Tirol, um vom eigenen Versagen der politisch Verantwortlichen abzulenken". Dass man etwa nicht genug Informationen zur Verfügung hatte, sei unwahr. Denn Minister Anschober bestätigte bereits gegenüber dem STANDARD und nun noch einmal in der Beantwortung von Herrs parlamentarischer Anfrage, dass "alle relevanten Informationen" weitergeleitet worden seien.

Um im kommenden Winter nicht die Fehler im Umgang mit dem Virus zu wiederholen, appelliert Herr an die Verantwortlichen der Tiroler VP, endlich Verantwortung zu übernehmen, statt Ausreden zu suchen. Denn nach Anschobers Antworten sei für sie klar, dass in Tirol die Gesundheit der Bevölkerung für Gewinne im Skitourismus aufs Spiel gesetzt worden seien. Sie fordert daher vom Minister, notfalls als Oberbehörde einzugreifen und mittels Weisungen dafür zu sorgen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen.

Die Causa Ischgl sei noch lange nicht fertig aufgearbeitet, ist Herr überzeugt. Sie plane daher, weitere Anfragen zum Thema zu stellen. (ars, 26.8.2020)