In Belarus gibt es seit mehr als zwei Wochen Proteste und Streiks gegen den Staatschef Alexander Lukaschenko.

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Mins – Lettland hat unabhängig von der EU eigene Sanktionen gegen die autoritäre Führung im Nachbarland Belarus (Weißrussland) beschlossen. Die Regierung des EU-Mitgliedslandes in Riga brachte am Dienstag Einreiseverbote gegen etwa 30 Beamte auf den Weg, die für die Fälschung der umstrittenen Präsidentenwahl und Gewalt gegen friedliche Demonstranten verantwortlich gemacht werden.

Nach Angaben von Außenminister Edgars Rinkevics richten sich die Sanktionen hauptsächlich gegen Mitarbeiter der Präsidialverwaltung, der Wahlkommission, des Innenministeriums und der Sicherheitsbehörden. Eine schwarze Liste mit Namen soll am Donnerstag veröffentlicht werden. Ob sich darauf auch der Name von Staatschef Alexander Lukaschenko befindet, ließ Rinkevics offen.

Umstrittenes Kraftwerk belastet Beziehung

Lettland will aus dem Nachbarland Belarus auch keinen Strom mehr beziehen, wenn dort ein umstrittenes Atomkraftwerk ans Netz geht. Dies beschloss die Regierung in Riga am Dienstag. Ministerpräsident Krisjanis Karins begründete dies mit Sicherheitsbedenken. Durch die jüngsten Entwicklungen in Belarus hätten sich diese Bedenken noch verstärkt.

Belarus baut nahe der Grenze von Lettlands Nachbarland Litauen trotz massiver Vorbehalte der Regierung in Vilnius mit russischer Hilfe zwei Reaktoren. In der nur rund 50 Kilometer von der litauischen Hauptstadt entfernten Anlage wurde Anfang August der erste Brennstab im Zuge der geplanten Inbetriebnahme geladen. Litauen wirft dem Nachbarn vor, internationale Sicherheits- und Umweltstandards zu missachten. Es hat das Kraftwerk daher zur Bedrohung der nationalen Sicherheit erklärt und will keinen Strom daraus beziehen.

Zehn Tage Haft für Oppositionellen

Anhänger der belarussischen Opposition sowie des autoritären Staatschefs Alexander Lukaschenko haben am Dienstagabend wieder in Minsk demonstriert. Auf einen Appell der Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hin versammelten sich rund 3.000 Menschen im Zentrum von Minsk, während in einem anderen Teil der Hauptstadt rund 1.000 Lukaschenko-Anhänger demonstrierten.

In Belarus gibt es seit mehr als zwei Wochen Proteste und Streiks gegen Lukaschenko. Auslöser war die von Fälschungsvorwürfen überschattete Wahl, bei der sich der 65-Jährige zum sechsten Mal in Folge zum Wahlsieger erklären ließ. Auch die EU-Staaten haben Sanktionen auf den Weg gebracht. Die nach Litauen geflohene Tichanowskaja erkennt das Ergebnis nicht an, ebensowenig die EU und zahlreiche westliche Staaten.

Die Oppositionsführerin hatte einen Koordinierungsrat gegründet, der einen politischen Wechsel in Belarus erreichen soll. Am Dienstag wurde allerdings Sergej Dilewsky, Mitglied dieses Rates und Vorsitzender des Streikkomitees einer großen Minsker Fabrik, wegen der ungenehmigten Demonstration mit 100.000 Teilnehmern am Sonntag und wegen "Ungehorsams gegenüber einem Polizeibeamten" nach Angaben der Opposition zu zehn Tagen Haft verurteilt. Die belarussischen Behörden nahmen nach eigenen Angaben zudem 20 Mitarbeiter von Grodno Asot, einem großen Düngemittelhersteller, fest. (APA, 25.8.2020)