Haben Sie sich schon an die Veggie-Würstel, Fake-Gyros und pflanzlichen Steaks im Supermarkt gewöhnt? Noch vor wenigen Jahren inexistent und anfangs gut versteckt, kommen den Fleischersatzprodukten immer mehr und vor allem bessere Ladenplätze zu, was nur eines bedeuten kann: Die Akzeptanz steigt. Auch die Preise wandeln sich schön langsam von "Gönn ich mir ausnahmsweise" hin zu "akzeptabel", vor allem wenn die paar Euros extra das schlechte Gewissen beim Fleischkonsum tilgen.

Fisch aus dem 3D-Drucker gefällig?
Foto: Legendary Vish

Dass dieser Trend auch vor Fischprodukten nicht haltmachen wird, war von Vorhinein klar. Es scheint bloß, als würde diese Welle etwas zeitversetzt anrollen. Tatsächlich ebnen die Erfolge der Fleischersatzindustrie mittlerweile den Weg für den Markteintritt ihres Pendants aus dem Meer. Vegane Fischstäbchen und Soja-Dosen-Thunfisch gibt es bereits. Da die kulinarischen Ansprüche vieler Fischersatzkunden aber höher liegen, will das Wiener Start-up Legendary Vish nun richtige Lachssteaks auf pflanzlicher Basis anbieten.

Pflanzliche Basis

Aufgrund der fortgeschrittenen Technik konzentriert man sich vorerst auf pflanzliche Proteine als Basis, etwa aus Algen oder Gemüse. Später seien durchaus aber auch Mischungen aus pflanzlichen und zellulären Laborproteinen denkbar, sagt Firmen-CEO Robin Simsa dem STANDARD.

Aufstriche sollen in Tests bereits überzeugt haben.
Foto: Legendary Vish

In anschauliche Form gebracht wird der Fisch durch spezielle 3D-Drucker, die gerade von Dänemark an ihren Einsatzort nach Österreich verschifft werden. Unterschiedliche Farben und Konsistenzen sorgen für die fleischliche und faserige Komponente, die nicht nur durchzogenes Rindfleisch, sondern auch saftiges Sushi aus- und beliebt machen.

Die perfekte Textur sei jedenfalls noch die Hauptherausforderung, vor der man aktuell stehe, so Simsa. Geschmacklich sei man schon sehr zufrieden. Als Aufstrich verarbeitet, schmecke man den Unterschied bereits gar nicht mehr. Mit der Marktreife rechnet man bei Legendary Vish aber nicht vor 2022.

Umweltgedanke

Solange der menschliche Hunger nach Fisch nicht schrumpft, braucht es jedenfalls Alternativen, um die Umwelt zu entlasten. Mehr als 85 Prozent der weltweiten Fischbestände sind überfischt, gefährlich dezimiert, vollständig aufgebraucht oder erholen sich gerade von der Ausbeutung. Die künstlich angelegten Fischkulturen verringern einerseits zwar etwas den Druck auf die wilden Bestände, sind ihrerseits aber alles andere als umweltfreundlich.

Die Veggie-Burger waren die Vorreiter.
DER STANDARD

So produzieren diese zum Beispiel eine Gülle, die Algen in den Ozeanen befruchtet und dadurch den für andere Arten verfügbaren Sauerstoff reduziert. Auch erhöht sich die Fäkaliendichte durch die Fischkonzentration in Zuchtbetrieben deutlich – ganz abgesehen von den Schwermetallen und vielen Mikroplastikpartikeln im Meerwasser durch unseren fatalen Umgang mit Recycling. Das klingt alles nicht gerade appetitfördernd.

Unbegrenzte Möglichkeiten

Dabei soll ausgerechnet der 3D-Drucker-Fisch neue kulinarische Sphären erschließen und auch im High-End-Segment der Molekularküche Konkurrenz machen. "Wir wollen auch das kulinarische Erlebnis von Restaurantgästen erweitern", sagt Simsa. Von Lachs in Kugel- oder Quadratform über vermeintliche Thunfischsteaks, die nach Lachs schmecken – sobald die richtige Rezeptur und Textur einmal gefunden sind, sind den kreativen Ideen der Köche und den handwerklichen Fähigkeiten des 3D-Druckers kaum Grenzen gesetzt.

Äußerlich ist das künstliche Sushi (zwischen den Stäbchen) vom natürlichen Lachs kaum zu unterscheiden. Auch geschmacklich soll der 3D-Drucker-Lachs punkten.
Foto: Legendary Vish

Und für alle, die mit gutem Gewissen einfach nur weiterhin ihr Sushi oder Lachssteak nach Teppanyakiart genießen wollen, wird man weiterhin versuchen, die Natur möglichst perfekt nachzuahmen – ohne tierisches Leid zu verursachen. (Fabian Sommavilla, 26.8.2020)