In der Zuckerfabrik in Niederösterreich sind 150 Menschen beschäftigt, die Gemeinde erhält jährlich rund fünf Prozent ihrer Einnahmen über die Kommunalsteuer.

Foto: APA / HARALD SCHNEIDER

Leopoldsdorf im Marchfelde / Wien – Um die drohende Schließung der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf im Marchfeld doch noch abzuwenden, haben Bürgermeister Clemens Nagel sowie die Dritte Landtagspräsidentin Karin Renner und die Abgeordnete Katharina Kucharowits (alle SPÖ) am Mittwoch eine "gemeinsame, überparteiliche Kraftanstrengung" gefordert. In einer gemeinsamen Pressekonferenz sprachen sie zwar von einer "fast unlösbaren Aufgabe", sie betonten aber: "Die Hand bleibt ausgestreckt."

Die vom Agrana-Konzern ausgesprochene Möglichkeit, die Schließung zu überdenken, wenn bis Mitte November die Zuckerrüben-Anbaufläche von derzeit rund 26.000 auf 38.000 Hektar erhöht wird, bezeichnete Nagel als "sehr dünnen Strohhalm". Dennoch setzen sowohl der Bürgermeister als auch Renner und Kucharowits ihre Hoffnungen darauf, dass der von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) für 3. September angekündigte runde Tisch zu einem Erfolg führt. Eine Lösungsmöglichkeit sehen sie darin, den Rübenbauern mit Flächenförderungsmodellen unter die Arme zu greifen und für die 150 betroffenen Voll- sowie 100 saisonalen Kampagnenarbeitsplätze Arbeitszeitmodelle zu erarbeiten.

Rübenrüsselkäferplage

Der Bürgermeister gestand zu, dass die Situation mit gesunkenen Zuckerpreisen und der Rübenrüsselkäferplage für die Bauern nicht einfach sei. Er habe schon vor Monaten Vorschläge gemacht, um die Fabrik zu retten. Er habe aber die große Hoffnung, dass im Landwirtschaftsministerium jetzt die Brisanz der Lage erkannt worden sei, sagte Nagel. Renner übte in diesem Zusammenhang leise Kritik daran, dass Köstinger erst jetzt zu dem Gipfel eingeladen habe.

Nagel richtete auch einen Appell an die soziale Verantwortung des Agrana-Konzerns, und Kucharowits mahnte Solidarität mit den 150 Beschäftigten ein. Er erinnerte auch daran, dass der Gemeinde allein 300.000 Euro an Kommunalsteuer jährlich verlorengehen würden, sollte die Fabrik tatsächlich schließen. Der niederösterreichische Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) habe jedenfalls bereits die volle Unterstützung der Landesregierung zugesagt, berichtete Nagel.

Angst vor Zuckerimporten aus Südamerika

Die drei SPÖ-Vertreter betonten, dass es auch um die regionale Wertschöpfung gehe und darum, die jetzt in der Corona-Krise beschworene Unabhängigkeit Österreichs von anderen Ländern zu garantieren. "Wir wollen nicht den Wiener Zucker aus Brasilien importieren", so Kucharowits.

In diese Kerbe schlug auch der Bauernbund: "Wir müssen alles tun, um diese wertvolle Kulturpflanze und die gesamte Zuckerproduktion in Österreich zu erhalten", so Präsident Georg Strasser (ÖVP). Zuckerimporte aus Südamerika seien keinesfalls die Lösung. Denn für Zucker von dort werde hektarweise Regenwald gerodet.

Die Selbstversorgung Österreichs mit Zucker müsse gewährleistet bleiben, forderte Strasser am Mittwoch in einer Aussendung. Zudem müsse die Zuckerfabrik mit ihren Arbeitsplätzen für die Marchfeldregion in Niederösterreich erhalten bleiben. (APA, 26.8.2020)