Per Burofax der spanischen Post, einer Übermittlungsmethode für heikle Dokumente, zerschnitt Lionel Messi am Dienstagabend nach 20 Jahre die Bande zum FC Barcelona. Aus gutem Grund: An Zeitpunkt und Wortlaut der Sendung hängen unter Umständen hunderte Millionen Euro. Über seine Anwälte ließ der sechsmalige Weltfußballer den Katalanen laut AFP mitteilen, dass er seinen bis Sommer 2021 laufenden Vertrag kündigen und ablösefrei wechseln wolle. Barça argumentiert, dass eine entsprechende Klausel in Messis Vertrag am 10. Juni ausgelaufen sei und dadurch die festgeschriebene Ablösesumme in Höhe von 700 Millionen Euro schlagend werde.

Da Messi auf dem Standpunkt steht, dass in der Corona-Saison Fristen bloß Makulatur seien, droht eine gerichtliche Auseinandersetzung vom Feinsten. "Totaler Krieg" nannte es die Zeitung "Sport". Für die "Marca" ist eine "Bombe explodiert".

Wut.
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Vergebens bemühte sich Ramon Planes, der Technische Direktor des spanischen Vizemeisters, die Wogen zu glätten. Es gebe "keine Spaltung im Verein über Leo". Messi solle beim Neuaufbau sogar eine Schlüsselrolle spielen. "Wir betrachten Messi als Barça-Spieler."

Trainer Ronald Koeman, der nach dem 2:8 im Viertelfinale der Champions League gegen die Bayern Quique Setién abgelöst hatte, dürfte anders denken. Der Niederländer will alleiniger Chef sein. Ein Schattenkabinett, wie es Messi in den vergangenen Jahren geführt haben soll, braucht er nicht. Das heißt auch, dass Vertraute Messis wie der Uruguayer Luís Suárez eher nicht beim Neuaufbau mithelfen sollen.

Schuss ins Knie

Das erste Opfer des neuen Kurses könnte aber unversehens Präsident Josep Maria Bartomeu (57) sein. Am Donnerstag demonstrierten schon Fans vor dem Camp Nou, wünschten den Geschäftsführer eines Unternehmens für Transporttechnik zum Teufel und den Verbleib des Superstars, dem am wenigsten angelastet wird, dass der Verein in der verwichenen Saison keinen Titel holen konnte. Jordi Farre (44), ebenfalls ein wohlhabender Geschäftsmann, der den Fans Jürgen Klopp als Coach in Aussicht stellte, sollte er Präsident werden, kündigte einen Misstrauensantrag an. Bartomeus Amtszeit endet turnusmäßig im März 2021. In der Anhängerschaft herrscht die Überzeugung vor, dass bis dahin der Klub völlig ruiniert sein könnte.

Wenn einer ein Reise tut ...
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Messi wird engster Kontakt mit seinem ehemaligen Coach Pep Guardiola nachgesagt. In den gemeinsamen Jahren bei Barcelona waren beide zu Superstars gereift, elf Titel, darunter zweimal die Champions League, haben sie gefeiert. Guardiola schwärmte: "Messi ist die Schönheit – er macht Trainer und Teamkollegen besser."

Der könnte jetzt Manchester City endlich reif für den Gewinn der Champions League machen. Die Citizens hätten dank ihrer Besitzer aus Abu Dhabi das Geld, stehen aber nach Aufhebung ihrer Sperre wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay unter Beobachtung. Paris Saint-Germain, dank katarischer Millionen ebenfalls reich genug für Messi, geht es nicht viel besser. Auch die Franzosen laufen dem Titel in der Königsklasse des europäischen Klubfußballs noch nach.

Quim Torra, der Präsident des katalanischen Regionalparlaments, erinnerte unterdessen hellsichtig in deutlich mehr Worten an ein auf Beerdigungen beliebtes Zitat von Gabriel García Márquez: "Weine nicht, weil es vorbei ist, lache, weil es passiert ist." (Sigi Lützow, 26.8.2020)