Das Jahr 2020 brachte für das vor 13 Jahren in Gedenken an die Flucht von rund 5000 Juden und Jüdinnen im Jahr 1947 über den Krimmler Tauern gegründete Alpine Peace Crossing (APC) eine echte Zäsur. APC-Gründer Ernst Löschner hat die Leitung der jährlichen Gedenkwanderung und des Krimmler Friedensdialoges an den Zeithistoriker Robert Obermair übergeben. Neu ist auch, dass das APC mit der Zeitschrift "Alpendistel" nun ein gleichsam zeitgeschichtliches wie aktuelles Magazin für antifaschistische Gedenkkultur publiziert.

Foto: Alpendistel

Dass sich die erste Ausgabe dem Thema Antisemitismus widmet, ist angesichts der Grundthematik der APC-Gedenkwanderungen irgendwie naheliegend. Den prominenten Autorinnen und Autoren – darunter auch Forum-Alpbach-Chef Franz Fischler – gelingt es dabei aber, den Bogen vom Historischen ins Jetzt zu spannen. So widmet sich beispielsweise die Salzburger Professorin Helga Embacher in ihrer Analyse den antisemitischen Verschwörungstheorien und Codes sowie der Holocaust-Relativierung in der Corona-Krise. Die Überlegungen von ORF-Journalist Christian Schüller zum Komplex Fake-News gehören ebenfalls in die Rubrik Aktuelles.

Unter den historischen Beiträgen sticht einer hervor: In "Der Fall Franz Bodmann" sprechen die Historikerin Antonia Winsauer und APC-Chef Obermair nicht nur die Geschichte des Massenmörders und KZ-Arztes an, sie fragen auch, was mit dem Grab Bodmanns auf dem "Ehrenfriedhof" der Gemeinde Lend im Pinzgau geschehen soll. Nicht zuletzt bietet die erste Ausgabe auch Gelegenheit zur Rückschau auf die eigene APC-Geschichte. Ein eigenes Kapitel ist Marko Feingold gewidmet. Der 2019 verstorbene Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg war mit der Flüchtlingsorganisation "Bricha" 1947 Organisator des Exodus über den Tauern. (Thomas Neuhold, 26.8.2020)