Sie sind ein Teil jeder Krise am österreichischen Arbeitsmarkt, vielleicht sogar der einzig positive: Die Rede ist von Sozialplänen, die Unternehmer mit ihren Mitarbeitern aushandeln, um die Härten einer Kündigung abzufedern. Sofern es sich die Betriebe leisten können, wird in Österreich im Regelfall bei Kündigungswellen in größeren Betrieben immer ein Sozialplan ausverhandelt. Arbeitnehmer können einen Sozialplan de facto rechtlich erzwingen.

Aktuell zum Beispiel verhandelt der Tiroler Kristallkonzern Swarovski, der einen massiven Stellenabbau angekündigt hat, über einen Sozialplan mit der Gewerkschaft, und auch für Mitarbeiter der Agrana-Zuckerfabrik in Leopoldsdorf, die schließt, soll es einen geben.

Ein Urteil des Bundesfinanzgerichts, das bereits im April ergangen, aber erst jetzt veröffentlicht wurde, dürfte allerdings dafür sorgen, dass Unternehmen mit hohen Mehrkosten für Sozialpläne rechnen müssen. Verlierer wären Arbeitnehmer, wenn Auszahlungen deshalb geringer ausfallen würden.

Um ein Viertel teurer

In dem besagten Urteil hat erstmals ein Gericht entschieden, dass Unternehmen freiwillige Abfindungen, die sie etwa im Rahmen eines Sozialplanes leisten, nicht von der Steuer absetzen können. Sprich: Zahlt ein Konzern eine Million Euro an solchen Abfindungen, wäre das dem Unternehmensgewinn hinzuzurechnen. 250.000 Euro an zusätzlichen Kosten würden für den Betrieb durch die Körperschaftssteuer anfallen.

Die Behandlung von freiwilligen Abfindungen, die zusätzlich gewährt und nicht mit Abfertigungen, auf die Mitarbeiter einen vertraglichen Anspruch haben, verwechselt werden dürfen, ist in Österreich schon länger strittig.

Im Jahr 2013 hatten sich SPÖ und ÖVP im Koalitionsabkommen darauf verständigt, hohe Abfertigungen steuerlich nicht mehr zu begünstigen. Bis dahin konnten Unternehmen Golden Handshakes bei einem Managerabgang voll als Betriebsausgabe geltend machen. Meist ging es dabei um Millionenbeträge. SPÖ und ÖVP führten eine Höchstgrenze von 500.000 Euro für die Absetzbarkeit ein.

Im Koalitionsabkommen ist auch fixiert worden, Abfindungen im Rahmen von Sozialplänen von dieser Regelung auszunehmen. Doch im Gesetz findet sich das nicht. Im Gegenteil: Seither existieren zwei Sichtweisen auf die Regelungen. Die Finanz in Österreich hatte fortan die Ansicht vertreten, dass freiwillige Abfindungen vom Unternehmer gar nicht mehr absetzbar sind.

Das Opel-Werk in Wien-Aspern: Der Betrieb ging durch mehrere Krisen. Zuletzt wurde hier 2019 ein Sozialplan ausverhandelt.
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Doch viele Unternehmen und ihre Steuerberater erwarteten eine Korrektur der Finanz durch die Gerichte, wie Alexandra Platzer, Steuerexpertin bei PwC sagt. So war das auch in dem besagten Fall, der vom Bundesfinanzgericht entschieden wurde: Ein Unternehmen hatte zwischen 2014 und 2017 rund 4,6 Millionen Euro an Abfindungen im Rahmen eines Sozialplanes ausbezahlt.

Im Zuge einer späteren Steuerprüfung hat die Finanz festgestellt, dass diese Beträge vom Konzern nicht von der Steuer hätten abgesetzt werden dürfen. Die Finanz forderte eine Nachzahlung. Der Unternehmer ging in Berufung und führte vor Gericht all die Argumente an, die auch Experten bisher an der Auslegung der Finanz zweifeln ließen: Der Gesetzgeber wollte nicht Sozialpläne teurer machen, sondern Managerboni treffen. Im Gesetz wird an einer Stelle auf eine andere Bestimmung über die Abfertigung alt hingewiesen, daher seien Zahlungen, die zusätzlich zur Abfertigung neu getätigt werden, nicht vom Abzugsverbot erfasst.

Das Gericht lehnte diese Einwände ab. Inzwischen wurde eine Revision gegen den Entscheid an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Bis dieser entscheidet, kann es zwei Jahre dauern, sagt Steuerexpertin Platzer. In der Zwischenzeit werden "mehr Betriebe davon ausgehen, dass Sozialpläne für sie um 25 Prozent teurer werden".

Hier kommt die Pandemie ins Spiel. Angesichts der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung rechnen viele Ökonomen mit einer Welle an Kündigungen ab dem Herbst. Dann läuft auch die aktuelle, großzügige Kurzarbeitsregelung aus. Doch wenn Sozialpläne teurer werden, fallen sie dann geringer aus?

Ausnahme für Corona?

Die Richterin in dem besagten Fall hat einen Fachartikel publiziert, in dem sie interessanterweise genau dieses Argument einbringt: Im Hinblick auf die Corona-bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die damit verbundenen Mitarbeiterkündigungen müsse der Verwaltungsgerichtshof schnell klären, wie Abfindungen zu behandeln seien, erklärt die Richterin. Und sie argumentiert weiter: Sollte das Abzugsverbot bleiben, sei es überlegenswert, für Corona-bedingte Sozialplanzahlungen eine gesetzliche Ausnahme vorzusehen. (András Szigetvari, 27.8.2020)