Katy Perry blickt in ihrem neuen Werk hoffnungsvoll in die Zukunft, die exakt so klingt wie ihre musikalische Vergangenheit.

Foto: Universal Music

Wäre Kindergeburtstag ein eigenes musikalisches Genre, Katy Perry wäre seine blumengekrönte Königin. Die 35-jährige kalifornische Pastorentochter, die jeden Moment ihr erstes Kind mit ihrem Verlobten Orlando Bloom, dem Elben, erwartet, hatte seit ungefähr 2008 ein Abo auf den harmlosen Hit.

Gut, ganz harmlos auch wieder nicht, I Kissed a Girl, die erste wirklich erfolgreiche Single der Sängerin, sorgte damals für ein wohlkalkuliertes Skandälchen. Den Rechten war das pseudolesbische Herumgebussel zu viel, die Linken stießen sich daran, dass Perry die weiblichen Reize nur zum Plattenverkaufen entdeckte, was ja auch bestens funktionierte.

KatyPerryVEVO

Wirklich kontroversiell war das freilich nicht, und auch, was Katy Perry in der Folge liefern sollte, Superhits wie Hot n Cold,Teenage Dream oder das hymnische Roar, war buntes Blendwerk, nach der aktuellen Mode produzierte und betextete Musik für die Hüpfburg.

Bessere Animateurin

Dass Perry als bessere Animateurin arbeitete, dürfte ihr auch selbst aufgefallen sein. Immer wieder haderte sie mit ihrer fröhlichen Bühnenpersona, wollte etwas Neues probieren, wusste aber offensichtlich nicht, wie.

Zumindest legt das ihr 2017 erschienenes letztes Album, Witness, nahe. Die houseinspirierte Single Swish, Swish, die Perrys damaligen Zwist mit Taylor Swift auf eine Weise thematisierte, dass man vor Fremdscham im Boden versinken musste, war schon schwer zu ertragen. Den Vogel schoss allerdings die peinliche Oralsex-Metaphernschlacht Bon Appétit, zusätzlich versalzen von der Rap-Gruppe Migos, ab. Sie hätte nur mit der verpflichtenden Einnahme eines Magenschutzmedikaments veröffentlicht werden dürfen.

KatyPerryVEVO

Auf Witness war nur Chained to the Rhythm, eine leicht melancholisch angehauchte Disco-Nummer über das Leben im Hamsterrad, ein Lichtblick, auch weil Perry sich an so etwas wie Inhalt versuchte.

Pop um Pops willen

Diesen Weg weiterzuverfolgen wäre nicht übel gewesen. Stattdessen geht Katy Perry mit ihrem neuen Longplayer Smile auf Nummer sicher und schließt an ihr früheres Erfolgsrezept "Pop um des Pops willen" an. Zwar gibt es dieses Mal thematisch einen roten Faden – Perry, die das Album nach einer langen Phase tiefer Depression schrieb, besingt immer wieder die Resilienz –, an musikalischem Wagemut fehlt es aber.

Ob der Song nun Daisies, Resilient, Smile oder Cry About It Later heißt, ob er sich aus EDM-Sounds, Trap-Beats oder akustischen Gitarren generiert, es läuft immer nach demselben Muster: Die Strophe verhandelt die erlebten Ungerechtigkeiten, im großen Refrain schmettert Perry einem dann die Mutmacher-Botschaft um die Ohren: Ja, durchhalten, du schaffst das!

KatyPerryVEVO

Das passt zwar wahnsinnig gut in die Krisenzeit, der auch Perrys Album zum Opfer fiel, insofern es nach hinten verschoben werden musste. Das haben wir aber schon tausendmal gehört. 999-mal von Perry selbst. Nur Champagne Problems hat ein bisschen Pfiff im Bass.

Dass Smile im Gegensatz zu Witness weitestgehend unpeinlich daherkommt, ist das größte Kompliment, das man dem Album und seiner Interpretin machen kann. Resilienz gegen Altbekanntes sollte man beim Hören jedenfalls mitbringen. (Amira Ben Saoud, 27.8.2020)