Wer krank ist, muss zu Hause bleiben – das gilt heute mehr denn je.

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Wer Symptome aufweist, soll zu Hause bleiben, Kontakte zu anderen Personen minimieren und das Gesundheitstelefon 1450 anrufen, lautet die Empfehlung des Gesundheitsministeriums. Doch wie soll das im Herbst und Winter weitergehen, wenn grippale Infekte und die Influenza dazukommen? Es gilt, auf Nummer sicher zu gehen, sagt ein Mediziner. Rechtlich ist der große Spagat nicht klar zu regeln, sagt der Arbeitsrechtsexperte Oliver Walther.

Frage: Ab wann sollte man sich an die Empfehlungen halten – auch schon mit einem Schnupfen oder einem leichten Kratzen im Hals?

Antwort: Ja, sagt der Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein von der Gruppenpraxis Medizin Mariahilf: "Die Symptome von Covid-19 sind alles andere als eindeutig. Es wird nicht anders gehen, als dass jeder Patient mit Erkältungssymptomen zunächst als Covid-19-verdächtig gilt. Hier sollten wir lieber vorsichtig sein." Im Gesundheitsministerium wird relativiert: Nicht jeder, der ein Kratzen im Hals hat, werde sofort getestet. "Nach der telefonischen Befragung bei der Hotline wird eingeschätzt, ob es sich um einen Verdachtsfall handelt", sagt Sprecherin Andrea Zefferer.

Frage: Sollte man nun also mit jeder Art von Symptom zu Hause zu bleiben?

Antwort: Ja, auch wenn es hier für den Herbst noch Anpassungen geben wird, so Zefferer. Laut Gesundheitsministerium ist derzeit jede Form einer akuten respiratorischen Infektion gemeint – mit oder ohne Fieber – mit mindestens einem der folgenden Symptome, für das es keine andere plausible Ursache gibt: Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit, Katarrh der oberen Atemwege – also eine Entzündung der Schleimhäute –, plötzlicher Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinnes. "Ich würde mit Symptomen nicht arbeiten gehen und mir rasch einen Test organisieren", sagt auch Mediziner Mückstein. Im Zweifelsfall gilt: bei 1450 anrufen und nachfragen.

Frage: Wann darf man noch zum Arzt gehen?

Antwort: In Pandemie-Zeiten gilt: lieber daheim bleiben und in der Ordination anrufen. Wer einen Arzt braucht, kann sich auch an den Ärztefunkdienst wenden.

Frage: Muss ich ein Erkältungssymptom, etwa einen Schnupfen, sofort dem Arbeitgeber melden?

Antwort: Nein, sagt Arbeitsrechtsexperte Oliver Walther von Preslmayr Rechtsanwälte. Die Rechtsgrundlage für Krankmeldungen und Entgeltfortzahlungen ist unverändert, also: bei Krankheitssymptomen den Hausarzt kontaktieren, im Falle einer Krankschreibung dies dem Arbeitgeber melden.

Frage: Was, wenn Homeoffice nicht möglich ist und der Kollege neben mir "rotzt"?

Antwort: Der Spagat zwischen absolut gebotener Vorsicht und Hysterie ist rechtlich nicht abzudecken. Es bleibt auf den Schultern der jeweiligen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sind alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen – Desinfektion, Abstand – Basis des Arbeitens, dann muss im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

Frage: Wie ist das über eine ganze Organisation hinweg zu managen?

Antwort: Es gibt kein Patentrezept und keine arbeitsrechtliche Detailregelung, wenn es nicht um definierte Risikogruppen geht. Es wird im Herbst sehr wahrscheinlich absolut anstrengend, in den Schulen, in den Unternehmen – vor allem natürlich dort, wo Homeoffice nicht möglich ist, um das Werk am Laufen zu halten.

Frage: Wie kann die enorme Nachfrage nach PCR-Tests im Herbst und Winter gedeckt werden?

Antwort: Hier müssen Hausärzte und Gesundheitsbehörden zusammenarbeiten, glaubt Mückstein. Patienten können sich dann im Idealfall nicht nur an 1450 wenden, sondern auch telefonisch an ihren Hausarzt – auch dieser kann einen PCR-Test veranlassen. Es gehe darum, alle Verdachtsfälle so schnell wie möglich zu testen.

Frage: Wo werden die Tests stattfinden?

Antwort: Im Idealfall bei den Patienten zu Hause. Bei der großen Menge an Tests scheint aber für den Herbst auch realistisch, dass Tests in Arztpraxen durchgeführt werden. Dort muss es dann Bereiche für infektiöse und nicht infektiöse Patienten geben, Fiebermessungen vor dem Betreten der Ordination sowie strenge Hygienemaßnahmen, sagt Mückstein. Zudem glaubt er, dass etwa in Wien Teststraßen und Container notwendig werden, in denen in großen Mengen Tests durchgeführt werden können. Wenn die Kapazitäten immer noch nicht reichen, bleibt nur noch, die Erkrankung daheim auszusitzen. Von Sars-CoV-2 wisse man jedenfalls, dass die Betroffenen nach zehn Tagen nicht mehr ansteckend sind.

Frage: Wie verhält man sich richtig, wenn in der Familie jemand Symptome hat?

Antwort: Auch hier gilt, sich zunächst telefonisch an den Hausarzt oder die Gesundheitshotline 1450 zu wenden. Dort wird das weitere Vorgehen im Einzelfall besprochen. Gilt ein Familienmitglied als Verdachtsfall, und hat man sich länger als 15 Minuten mit der Person in einem Abstand von unter zwei Metern aufgehalten, ist es jedenfalls sinnvoll, von dieser Person auch zuhause möglichst viel Abstand zu halten. In Quarantäne gehen und somit ebenfalls zu Hause bleiben müssen enge Kontaktpersonen aber erst nach Vorliegen eines positiven Testergebnisses, so Zefferer.

Frage: Wie kann man im gemeinsamen Zuhause eine Ansteckung vermeiden?

Antwort: Das ist schwierig, aber nicht unmöglich. Es kann sinnvoll sein, egal ob Covid-19 oder nicht, dass der Erkrankte sich räumlich getrennt aufhält, die Wohnung regelmäßig gelüftet sowie die Luftfeuchtigkeit erhöht wird. Auch sollte man nicht gemeinsam essen und, falls der Infizierte sich doch in einem Raum befindet, Mundschutzmasken tragen, den Mindestabstand von einem Meter einhalten und Geschirr und Besteck nicht gemeinsam benutzen. Weitere empfehlenswerte Hygienemaßnahmen sind: mehrmals täglich gründlich Hände waschen, sich nicht mit ungewaschenen Händen ins Gesicht greifen, zum Abtrocknen ein eigenes Handtuch verwenden, in Taschentücher husten und niesen und diese in einem separaten Müllsack entsorgen. Auch Toilette, Griffe, Armaturen und Oberflächen sollten täglich gereinigt, Textilien wie Kleidung, Bettwäsche und Handtücher mit 60 Grad gewaschen werden.

Frage: Gibt es auch eine gute Nachricht?

Antwort: Ja. Denn durch Abstandhalten und gute Hygiene haben Mediziner bereits einen Rückgang diverser Viruserkrankungen festgestellt. So könnte es im heurigen Winter auch mit grippalen Infekten sein. Mückstein rechnet daher auch mit einer schwachen Grippesaison – und vor allem, weil weniger geflogen wird und so "die Influenza viel weniger zu uns kommt", sagt er. Eine Impfung ist dennoch wichtiger denn je. (Karin Bauer, Bernadette Redl, 30.8.2020)