Laut einem Gesetzesentwurf sollen Gastwirte verpflichtet werden, eine Gästeliste zu führen. Diese wehren sich gegen mehr Bürokratie und Zettelwirtschaft und bevorzugen Contact-Tracing per App.

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Die Herbstsaison steht vor der Tür. Das heißt: Das Leben wandert nach den heuer feuchtheißen Sommermonaten langsam, aber sicher wieder ins Innere. Was sich zuletzt in den Gastgärten der heimischen Wirtshäuser abgespielt hat, zieht sich in die Stuben zurück. Der Wechsel der Jahreszeiten ist im Corona-Jahr 2020 jedoch mehr als eine wiederkehrende Routine. In kälteren Jahreszeiten breiten sich Viren besonders rasch aus, Österreichs Gastbetrieben drohen erneut Umsatzeinbußen oder behördliche Einschränkungen, sollte es zu einem deutlichen Anstieg der Corona-Infektionen kommen und die Menschen vermehrt zu Hause bleiben. Jedenfalls ist die Nervosität in der Branche groß, wie Experten erzählen.

Die Bundesregierung will deshalb ihre Sicherheitsstrategie für die Hotellerie auf die Gastronomie ausweiten. Seit dem 1. Juli können sich Hotelmitarbeiter auf das Coronavirus testen lassen. 115.000 Mitarbeiter aus 2.800 Betrieben haben das bereits getan. Ab September stehen die freiwilligen präventiven Tests dann auch für Mitarbeiter in der Gastronomie, von Jugendherbergen und Campingplätzen zur Verfügung.

Ab 1. September können sich auch alle Mitarbeiter der Gastronomie, von Campingplätzen und Jugendherbergen regelmäßig und kostenlos auf das Coronavirus testen lassen – das hat die Regierung am Donnerstag bekanntgegeben.
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Blick schon auf Wintersaison gerichtet

Mit Blick auf die Wintersaison ist zudem eine weitere Ausweitung auf Fremdenführer, Reiseleiter und Skilehrer geplant, sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Donnerstag. Dafür seien aber "einige technische Anpassungen" nötig, es werde noch etwas dauern, fehle doch die Schnittstelle Wirtschaftskammer (WKO), wie man sie bei den Gewerbebetrieben habe.

Branchenvertreter gaben sich erfreut. Auch wenn man weit von den ursprünglich angekündigten 65.000 Tests pro Woche entfernt ist, hätten die Tests eine große Bedeutung für den Nächtigungsbereich in Österreich, strich etwa Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie der WKO, hervor. Ohne Tests sei es schwer, den Gästen zu zeigen, dass sich die Betriebe ihrer Verantwortung bewusst seien. Man wolle auch als Wirtschaftskammer Testbetriebe per Zertifizierung sichtbar machen, das schaffe bei den Gästen Vertrauen.

Große Freude über die Erweiterung herrschte erwartungsgemäß bei WKO-Gastronomie-Obmann Mario Pulker. 45.000 mögliche Betriebe mit 200.000 Mitarbeitern kämen nun potenziell dazu.

Gästeliste für Lokalbesucher

Weniger begeistert zeigte sich Pulker von einem anderen Vorhaben der Bundesregierung. Denn um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, will diese Gastronomen dazu verpflichten, eine Gästeliste zu führen. Gastronomie und Veranstalter sollen demnach für ein besseres Contact-Tracing bald die Namen und Kontakte ihrer Gäste erheben und 28 Tage lang speichern.

Der Entwurf ist zwar noch in Begutachtung, tritt die Maßnahme oder Abänderung in Kraft, befürchtet der Gastronomen-Vertreter einen beträchtlichen bürokratischen Mehraufwand mit wenig Sinn: "Wir wollen keine Zettelwirtschaft und keinen Konflikt mit dem Gast", sagte Pulker. Schon gar nicht wolle man Gäste wegschicken müssen, wenn sich einer nicht eintragen will oder einen Scherznamen einträgt. In anderen Ländern, wo Gasthäuser bereits solche Listen führen müssen, würden viele Menschen zudem falsche Informationen angeben.

28 Tage lang müssten die Daten der Gäste aufbewahrt werden, um im Infektionsfall die Kontakte zu verfolgen. Die Gästelisten sollen für Wirte verpflichtend sein, nicht aber für Gäste. Dazu war Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), im ORF-Studio.
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Gastronomen für App

Man habe aber kein grundsätzliches Problem damit, die Namen und Kontaktinformationen von Gästen zu erheben, stellte Pulker klar. Es müsse nur praktikabel sein. Geeigneter sei etwa eine App. Das Gesundheitsministerium von Rudolf Anschober (Grüne) solle rasch eine solche "zertifizieren, in der die Gäste erhoben werden, wenn sie ein Lokal betreten". Dann würden Gastronomen auch nicht in den Besitz sensibler, personenbezogener Daten gelangen, für die man notfalls vollumfänglich haften würde. Das zu administrieren sei für viele Betriebe einfach nicht machbar.

Wichtig sei, dass nicht den Unternehmen allein die Verantwortung übertragen wird, Daten zu erheben und zu verwahren, sekundierte Ministerin Köstinger den Branchenvertreter. Ob eine App geeignet sei, wollte sie nicht kommentieren. (Aloysius Widmann, 27.8.2020)