Erst bitte das Formular ausfüllen, dann erst Platz nehmen. Was nach Arztbesuch oder Behördengang klingt, könnte schon bald auf den Besuch im Wirtshaus zutreffen – auch wenn es nur um einen schnellen Espresso geht oder man beim Würstelstand auf den Hotdog wartet. Denn die Regierung will Veranstalter und Gastbetriebe dazu verpflichten, künftig die Namen und Kontaktdaten ihrer Gäste zu erheben. Damit soll das Contract-Tracing erleichtert werden, wenn im Herbst die Corona-Infektionen womöglich wieder ansteigen.

Das ist an sich keine schlechte Idee. Schaffen es die Behörden, Cluster genau abzugrenzen, dürfen sich die Menschen in Österreich auch bei deutlich höheren Infektionszahlen als heute noch relativ frei durch den Winter bewegen. Aber egal ob in der Schweiz, in Deutschland oder in italienischen Regionen, wo bereits Kontaktdaten von Gästen erhoben werden: Die Praxis zeigt, dass eine vollständige Gästeliste längst kein vollständiges Contract-Tracing ermöglicht. Denn die meisten Menschen geben schlicht falsche Daten an. Mehr als 50 Prozent machten solche Fantasienamen in manchen Stichproben in Deutschland und der Schweiz aus. Als im sardischen Nobelklub Billionaire des Ex-Formel-1-Managers Flavio Briatore – auch er hat sich infiziert – ein Infektionsherd aufflammte, konnten die Behörden zahlreiche Partygäste wegen Falschnamen nicht ausfindig machen.

Die Regierung will Veranstalter und Gastbetriebe dazu verpflichten, künftig die Namen und Kontaktdaten ihrer Gäste zu erheben.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Erfassung der Gästedaten

Na wenigstens lässt sich anhand einer Gästeliste ein Teil der Personen erreichen, könnte man einwenden. Aber steht der administrative Aufwand wirklich dafür? Wohl eher nicht. Denn für Gastronomen und Veranstalter bedeutet die Erfassung der Gästedaten eine nicht unerhebliche Mehrarbeit. Die Liste einfach beim Eingang aufzulegen geht etwa aus Datenschutzgründen nicht. Wer sich einträgt, könnte ja sensible Daten von anderen Gästen klauen, die sich bereits auf der Liste eingetragen haben. Es müsste sich schon ein Mitarbeiter darum kümmern, dass die Liste mit jedem Gast um einen Eintrag wächst. Das mag in einem kleinen Lokal mit nur einem Eingang und wenigen Tischen praktikabel sein, bei einem Eisgeschäft mit großem Gastgarten sowie regem Kommen und Gehen ist es das nicht.

Und schon gar nicht bei großen Events wie Fußballspielen oder Konzerten. Gästelisten, wenn die Besucherzahlen in die Tausende gehen? Da drängt sich ein Vergleich mit dem Grenzchaos zuletzt in Kärnten auf, wo alle ein- und durchreisenden Autos erfasst wurden – und stundenlange Staus die Folge waren. Weder Veranstalter noch Gäste können gutheißen, wenn man künftig bereits Stunden vorher da sein muss, um überhaupt eingelassen zu werden.

Die Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat schon recht, wenn sie beim Vorstoß des Gesundheitsministeriums vor einem enormen Aufwand für die Betriebe warnt. Anstatt von den Gastronomen und Veranstaltern Listen zu verlangen, die im schlechtesten Fall voller Fantasienamen sind, sollte die Regierung auf Maßnahmen setzen, die das Infektionsrisiko minimieren. Das Tragen von Masken in Innenräumen gehört dazu. Abstandsregeln auch. Und auch Personenobergrenzen für Innenräume.

Dann könnte man den Gästen auch eine Tracing-App ersparen, wie sie die Gastronomen fordern. Manche Menschen wollen einfach anonym bleiben. Und andere haben kein Smartphone. (Aloysius Widmann, 27.8.2020)