Romy Faisst sieht die klassische analoge Konferenz nicht an ihrem Ende. Allerdings baut sie ihr Geschäft Covid-19-bedingt jetzt um.

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STANDARD: Über 300 Seminare, 30 Branchen-Jahresforen, eine Vielzahl an Lehrgängen – was haben die Covid-19-Maßnahmenpakete mit diesem Geschäft gemacht?

Faisst: Das Versammlungsverbot nach dem Lockdown hat unsere Branche in ganz besonderem Maße getroffen. Wir machen 75 Prozent unseres Umsatzes im Frühling und im Herbst – und genau das ging heuer nicht. Nach einer kurzen Schockstarre haben wir die großen Frühlingskonferenzen – unser Personalforum PoP, das CFO-Forum, den Banking Summit – in den Herbst verlegt und mit aktuellen Inhalten für die jeweiligen Führungskräfte aufgeladen.

STANDARD: Also ist die Aussicht, dass ab September alles wieder weitergeht, nur ein bisschen kleiner?

Faisst: So einfach ist das nicht. Die Unsicherheiten für uns als Gastgeber sind enorm, aber dennoch ist es so, dass viele Führungskräfte nach monatelangen Zoom-Konferenzen das Klassentreffen ersehnen, und so schaffen wir eine Auslastung von 50 bis 70 Prozent. Das ist ein Lichtblick, aber auch nicht mehr.

STANDARD: Naht nun das definitive Ende der klassischen analogen Konferenz?

Faisst: Definitiv nein. Unsere Devise ist: Gerade in diesen außergewöhnlichen Zeiten ist eine Konferenz optimal dafür, Orientierung zu geben, Austausch zum Umgang mit dem Neuen zu ermöglichen. Jeder kennt außerdem das Bild der Arbeitsunterbrechung, die so eine Konferenz bringt, Vorfreude, dann Impulse, Gespräche, Reflexionen, Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe, Beziehungen stiften. All das ist digital nicht zu bekommen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, vom Konferenzunternehmer zum Contentprovider zu werden.

STANDARD: Eine Anpassung des Geschäftsmodells, ein Gestalten der neuen Normalität?

Faisst: Die gibt es nicht. Der Einschnitt ist für uns schmerzhaft und prägend. Aber siehe da, es gehen neue Türen auf, es verändert sich die Kultur, es entstehen neue Kollaborationen, Try-and-Error ist auf der Tagesordnung, und einige, früher unsichtbare Spinnweben in unserer Organisation können weggeputzt werden. Bis zur Impfung ist es noch ein langer Weg, wir rechnen mit einer bevorstehenden harten Winterzeit. Aber die nützen wir auch, um unsere internen Prozesse zu digitalisieren, zum Speedboot zu werden. Es zeigt sich, dass eine neue Freude entsteht bei der Arbeit an neuen Formaten.

STANDARD: Woran genau, an welchen Formaten arbeiten Sie aktuell?

Faisst: Wir erweitern unser Geschäftsmodell mit neuen multimedialen und digitalen Bühnen für unseren Content – in Ergänzung zu den Live-Bühnen. Wir entwickeln gerade für unsere Kernzielgruppen und Communitys Content-Portale: Wir bieten dort künftig die Möglichkeit, umfangreichen und vielfältigen Content auf unterschiedlichen Kanälen zu konsumieren: entweder – wie gewohnt – live auf unseren Präsenzveranstaltungen oder über digitale Formate oder über TV, über Videoformate. Die Solidarität von jahrelangen Weggefährten ist da enorm groß und berührt Herz und Hirn. Eigentlich macht uns das in gewissen Bereichen lebendiger. (Karin Bauer, 30.8.2020)