Im Bergdorf Alpbach ist heuer nur wenig los.

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Alpbach – Ausgerechnet heuer ist das Motto des Europäischen Forum Alpbach Fundamente. Denn tatsächlich wurde der Tiroler Kongress in diesem Jahr in seinen Fundamenten erschüttert: Normalerweise tummeln sich in der zweiten Augusthälfte Politiker, Wissenschafter und Studierende in dem Bergdorf – im Vorjahr waren es mehr als 5000 –, Corona-bedingt findet das Event heuer größtenteils digital statt. Panels, Kamingespräche und andere Formate werden per Videostream übertragen, vor Ort sind nur wenige Teilnehmer gestattet.

Der internationale Austausch findet dennoch statt – wenn auch nur in sehr komprimierter Form. In den Onlineforen zu den einzelnen Sessions grüßen sich Teilnehmer aus Schweden, Indonesien oder Malaysia und werfen Publikumsfragen in die Runde. 700 Zuseher zählte das Forum etwa am Freitagvormittag, als Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit drei Forschern über die Zukunft der Klimapolitik diskutierte.

Neben Gewessler werden auch andere Regierungsmitglieder nach Alpbach reisen.
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Thema war dabei unter anderem der europäische Green Deal. Dieser wurde von den Wissenschaftern nur teilweise positiv kommentiert. Die Maßnahmen könnten zu spät kommen, argumentierte etwa der deutsche Geophysiker Christian Haas. In seinem Forschungsgebiet, der Arktis, seien die Auswirkungen der Klimakrise besonders stark zu spüren – und zwar bereits jetzt. Im Sommer würde das arktische Meereis derzeit um die Hälfte zurückgehen, in 50 Jahren werde es keines mehr geben, warnte der Forscher.

Die grüne Ministerin attestierte dem EU-Klimapakt hingegen das "Potenzial zum Game-Changer". Zum ersten Mal würden ökologische Ziele mit wirtschaftlichen auf eine Ebene gehoben werden. Für die Umsetzung des Plans, der Klimaneutralität bis 2050 in Europa vorsieht, sei auch die Wissenschaft stark gefragt, sagte Gewessler. Von dieser hätte die Politik nicht zuletzt seit Ausbruch der Corona-Pandemie viel gelernt. Dieser Austausch soll künftig auch in Klimafragen stärker stattfinden.

300 Millionen Euro in drei Jahren

Vom Klimaschutzministerium wurde in Alpbach auch die neue Forschungsinitiative "Tech for Green" angekündigt. Sie soll noch heuer starten und 300 Millionen Euro im Zeitraum von drei Jahren zur Verfügung haben. Das frische Geld kommt aus dem Konjunkturpaket der Regierung und wird an die Entwickler von Technologien gehen, die bei der Umsetzung von Klimazielen helfen könnten.

Ob es nun künstliche Intelligenz oder Robotik oder eine andere Technologie ist: Am Ende soll der Klima- und Umweltschutz damit besser als zuvor gewährleistet und Energie gespart werden. Im Fokus stehen auch soziale Innovationen, die den Umstieg auf umweltschonende Verkehrsmittel ermöglichen. Details dazu werden erst in den kommenden Wochen bekannt gegeben. Natürlich wurden auch altbekannte Fantasien in Alpbach besprochen: Werden wir kaum noch eigene Pkws haben und stattdessen von automatisierten Fahrzeugen abgeholt werden, die uns zu unserem Ziel bringen? Können wir so Treibhausgasemissionen reduzieren, Parkplätze für die Nutzung durch Fußgänger (Spielplätze) frei machen? Das wäre wohl ein Ziel, hieß es, aber wie schnell das zu erreichen ist, kann man natürlich nicht sagen.

Neben der Klima- zieht sich auch die Corona-Krise inhaltlich durch das Programm. Am Samstag starten die politischen Gespräche. Neben Gewessler werden auch weitere Mitglieder der Regierung in Alpbach erwartet – teils per Videozuschaltung, teils vor Ort. (lauf, pi, 29.8.2020)