Der ORF baut gerade einen gemeinsamen Newsroom für TV, Radio und Online. Das nächste Strategiekonzept dafür ist ebenfalls in Arbeit.

Am Donnerstag, 27. August 2020, wurde nun anlässlich der Erreichung der Gebäudehöhe die Dachgleiche des Neubaus begangen – mit Pius Strobl, Projektleiter ORF-Medienstandort und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz (rechts).

Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

Helm und Hemdsärmel auf der Baustelle Küniglberg: So zeigt sich Alexander Wrabetz (60) in diesen Monaten gern. Das Bild und seine Botschaft, zuletzt Donnerstag bei der Gleichenfeier für den gemeinsamen Newsroom von TV, Radio, Online des ORF*: Wir bauen am ORF der Zukunft. Da gibt es noch einiges zu tun, auch nach August 2021, wenn der ORF-Stiftungsrat die nächste Führung von Österreichs größtem und gebührenfinanziertem Medienkonzern bestellt. Und: Beim Bauen mit 500 Tonnen Bewehrungsstahl sowie 3200 Kubikmetern Beton geht gut sichtbar etwas weiter, trotz Corona-Unterbrechung.

Das ist im ORF von Alexander Wrabetz, der den öffentlich-rechtlichen Riesen seit 2007 als Alleingeschäftsführer leitet, nicht immer mit freiem Auge erkennbar.

Plattform statt Sender

Am Montag trifft der ORF-Chef seine wichtigsten Aufsichtsräte, um ihnen von seiner Strategie für 2021 bis 2025 zu berichten. Zur "Hauptstoßrichtung" hat er (wieder) erklärt: Aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen müsse in den kommenden fünf Jahren eine öffentlich-rechtliche Plattform werden. Also ein Medienhaus für die digitale Welt, das mit seinen (digitalen) Inhalten eben auch noch Sender bespielt.

Zentrale Plattform und Chiffre für diesen digitalen Kurs ist der sogenannte "ORF-Player", eine Streamingplattform mit verschiedensten Channels wie News, Kultur, Wissenschaft, Religion, naturgemäß auch Unterhaltung, Kinder und Sport. Und mit Social-Media-Funktionen wie Foren, Empfehlungen, Interaktion mit Sendungsmachern und digitalem Programmguide.

Das Vorhaben stand auch schon als zentrales Projekt in Alexander Wrabetz’ Unternehmensstrategie für die Jahre 2015 bis 2020. Und es war schon damals nicht mehr ganz neu in den Plänen und Konzepten des ORF-Chefs.

Betoniert wird schneller

Der Beton auf der Baustelle Küniglberg bewegt sich da schneller. Auch wenn das Bauprojekt zwischendurch ebenso von der in Sachen Flächenumwidmung handlungsunwilligen Stadtpolitik verzögert wurde wie ein Teil der Player-Pläne von Beschränkungen des ORF-Gesetzes.

Eine vom Kanzleramt für Herbst avisierte Novelle, die dem ORF Video- und Audioproduktionen alleine oder zuerst fürs Netz erlauben soll, geriet gerade wieder zwischen die Fronten der österreichischen Medialpartnerschaft – (nicht immer einige) Verleger, Privatsender, ORF, Politik.

Beim ersten Strategie-Termin mit den Stiftungsräten Ende Juli zog der ORF-General eine durchaus positive Bilanz seines Schaffens. Einige Punkte seines Strategiekonzepts bis 2020 auch jenseits des großen Social-Streaming-Projekts blieben zumindest teilweise offen: Streamingplattformen wie Flimmit und das Klassikportal Fidelio blieben unter den Erwartungen. Die Marktführerschaft konnte der ORF mit Verlusten im TV halten. Die Themenführerschaft gelingt vor allem in der Information, im Sport etwa immer weniger. Als neue Maßzahl für ORF-Programmerfolge wollte Wrabetz, mit einigem Aufwand beraten von Boston Consulting, sogenannte Touchpoints etablieren, also Publikumskontakte über alle Medien. Bisher gelang das nicht. Viel hing auch an der Politik: Für Streaming gibt es weiter keine Gebührenpflicht. Gebührenbefreiungen sollte die Republik dem ORF abgelten wie den Telekoms. Weniger Online-Werbebeschränkungen ließen sich auch nicht umsetzen, die Umsätze hier stiegen in den vergangenen Jahren meist.

Rahmen für nächste ORF-Führung

Nun will Sozialdemokrat Wrabetz mit der Strategie den Rahmen für die nächste ORF-Führung abstecken: Der Stiftungsrat soll sie noch Ende 2020 abnicken, dieselben 35 Herren und Damen bestellen im August 2021 den nächsten ORF-Chef. Wenn nötig, reichen für beides die Stimmen ÖVP-naher Stiftungsräte. Wrabetz’ erwartbare Bewerbung für die nächste Funktionsperiode ist mit dem Strategiepapier vorgezeichnet. Aber auch bürgerliche Mitbewerber können sich natürlich daran orientieren, was der Stiftungsrat im Dezember zum großen Plan erklärt. 2021 bis 2025 wäre schon Wrabetz’ vierte Amtszeit in Serie, da hält er aber schon heute einen Rekord. (Harald Fidler, 29.8.2020)