Unter dem Motto 'Get Your Knee Off Our Necks' fand in Washington ein großer Protest gegen Rassismus und rassistische Polizeigewalt statt.

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Kenosha – Der nach sieben Polizeischüssen in den Rücken gelähmte Afroamerikaner Jacob Blake wird nach Angaben seines Anwalts nun nicht mehr mit Handschellen an sein Krankenhausbett gefesselt. Polizisten hätten Blake die Fesseln abgenommen, sagte Patrick Cafferty am Freitag. Auch sei die polizeiliche Bewachung des 29-Jährigen eingestellt worden.

Berichte darüber, dass Blake trotz seiner schweren Verletzung an sein Bett gefesselt worden war, hatten zusätzliche Empörung über den Fall des von sieben Polizeikugeln in den Rücken getroffenen Schwarzen ausgelöst. Laut Cafferty hatte die Polizei die Maßnahmen wegen eines offenen Haftbefehls im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt im Juli ergriffen. Er habe bei der Staatsanwaltschaft erreicht, dass dieser Haftbefehl nun fallengelassen werde.

Unverständnis auch in der Politik

"Vor fünf Minuten sind die Handschellen bei Mister Blake entfernt worden und die Beamten haben sein Zimmer verlassen", sagte der Anwalt laut einem Bericht des "Wisconsin State Journal" am Freitagmittag. Blakes Vater hatte sich zuvor über den Umgang mit seinem Sohn beklagt. Er hatte die Frage aufgeworfen, warum dieser gefesselt werde, obwohl er durch die Polizeischüsse gelähmt sei und nicht laufen könne. Auch Wisconsins Gouverneur Tony Evers hatte sein Unverständnis über die Fesselung zum Ausdruck gebracht.

Ein weißer Polizist hatte Blake am Sonntag in der Stadt Kenosha in Wisconsin mit sieben Schüssen in den Rücken aus nächster Nähe schwer verletzt. Der auf einem Handyvideo festgehaltene Vorfall löste neue heftige Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus aus. Blake wird nach Angaben seiner Familie und Anwälte womöglich nie wieder laufen können.

"Genug ist genug"

Angesicht der Berichte über Blake und zahlreiche weitere Opfer rassistischer Polizeigewalt in den USA haben tausende Menschen am Freitag in Washington demonstriert. "Genug ist genug", rief der afroamerikanische Bürgerrechtler Al Sharpton, einer der Organisatoren der Kundgebung, den Versammelten am Lincoln-Memorial im Herzen der US-Hauptstadt am Freitag zu.

"Wir fordern echten, dauerhaften, strukturellen Wandel", sagte der Bürgerrechtler Martin Luther King III bei der Kundgebung. Er ist der älteste Sohn von Martin Luther King Jr., der auf den Tag genau vor 57 Jahren an selber Stelle seine berühmte Rede mit den Worten "Ich habe einen Traum" hielt. "Wir werden diesen Traum erfüllen", verkündete Sharpton.

Martin Luther King III rief die Afroamerikaner auf, bei der Präsidentenwahl am 3. November ihre Stimme abzugeben, "als würden unser Leben, unsere Existenzen und unsere Freiheiten davon abhängen – weil das so ist". Möglichst viele sollten auch ihre Hilfe bei der Durchführung der Wahl anbieten, "damit jede Stimme gezählt" werde. "Wir müssen entschieden unsere Wahlrechte verteidigen, weil sie mit dem Blut derer erkauft wurden, die dafür gelyncht wurden, dass sie ihre Verfassungsrechte ausüben wollten." Seine Tochter, die zwölfjährige Yolanda Renee King, versprach: "Wir werden die Generation sein, die diesen Rassismus ein und für alle Mal beendet."

Die Kundgebung war dem Jahrestag des "Marsches auf Washington" von 1963 gewidmet und stand im Zeichen der jüngsten Fälle von Polizeigewalt, die für Empörung in den USA gesorgt hatten. (red, APA, 29.8.2020)