Ein frisches Satellitenbild von Planet Labs, das mit Hilfe der zensierten Flächen gefunden werden konnte. Es zeigt ein vermutetes Internierungslager

Foto: Planet Labs via Buzzfeed News

Eigentlich sollte die Zensur des chinesischen Kartendienstes Baidu Maps den exakten Standort bestimmter Gebäude geheim halten, sie erreichte jedoch den gegenteiligen Effekt. US-Journalisten fanden auffällige, blanke Kacheln auf der Karte, diese nutzen sie, um den Standort von mutmaßlichen Internierungslagern, in denen seit Jahren Mitglieder der muslimischen Minderheitengruppe der Uiguren festgehalten werden, zu identifizieren.

China hält die Informationen zu seinem Internierungsprogramm fest unter Verschluss. Es wird die Existenz von rund 1.200 Lagern für Uiguren in China vermutet, bekannt waren bisher jedoch nur die Standorte von fünf. In einem Bericht von "Buzzfeed" erklären Journalisten, welche kreativen Wege sie verwendeten, um die restlichen Lager ausfindig zu machen.

5 Millionen Zensur-Kacheln

Als sie den Standort eines bereits bekannten Lagers auf dem chinesischen Kartendienst Baidu Maps untersuchten, fiel den Journalisten auf, dass bei einem gewissen Vergrößerungs-Level ein blanker Kachel über das Gebiet zu sehen war. Zoomte man näher hinein, oder hinaus, verschwand die auffällige Fläche. Auf dieser Zoom-Ebene konnten die Journalisten über 5 Millionen solcher Zensur-Kacheln in der uigurischen Region Xinjiang ausfindig machen.

Ein Vergleich mit aktuellem Kartenmaterial von Google Earth, der Europäischen Weltraumorganisation und Planet Labs machte erkennbar, dass sich unter den Kacheln meist strategische Areale befanden, wie Militärbasen, Minen, Kraftwerke und Gefängnisse, darunter auch die bereits bekannten Internierungslager.

315 Lager vermutet

Um die Suche nach weiteren Lagern zu erleichtern, fokussierten sich die Journalisten auf zensierte Orte, die sich an Standorten befanden, die passende Rahmenbedingungen, wie die Nähe zu einer Stadt und einer Hauptstraße, erfüllten. Übrig blieben rund 50.000 Areale.

Diese untersuchten sie systematisch und glichen sie mit sowohl alten als auch aktuellen, alternativen Satellitenbildern ab. Bei 428 Einrichtungen konnten die Journalisten Merkmale von Gefängnissen oder Lagern zur Internierung identifizieren. 315 dieser Standorte werden, nach Einschätzung der Journalisten, zurzeit für das Internierungsprogramm für Uiguren verwendet. Manche seien groß genug um bis zu 10.000 Menschen unterbringen zu können.

Da mehr als die Hälfte der vermuteten Lager und Gefängnisse erst in den letzten Jahren erbaut wurde, und Satellitenbilder mancher Areale zuletzt 2006 von Google Earth angefertigt wurden, erstellte Satellitenbetreiber Planet Labs für die Untersuchung frische Fotos der Orte.

"Bildungszentren"

Mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime sind laut Menschenrechtsorganisationen in Straflager eingesperrt. Dort werden sie nach Angaben von Aktivisten dazu gezwungen, ihre Religion abzuwenden und ihre Kultur und Sprache aufzugeben. Die chinesische Regierung weist die Vorwürfe zurück und behauptet, dass es sich bei den Lagern um "Bildungszentren" handle, die islamistische Radikalisierung bekämpfen solle. (red, 29.08.2020)