Der frühere republikanische Abgeordnete John Ratcliffe ist seit seiner Ernennung im Mai 2020 durch US-Präsident Donald Trump Direktor der Nachrichtendienste.

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Washington – Gut zwei Monate vor der US-Präsidentenwahl gibt es in Washington neuen Streit um den Schutz der Abstimmung vor Einmischung aus dem Ausland. Der Kongress und seine Ausschüsse werden zu dem Thema keine persönlichen Briefings aus dem Büro des Direktors der Nachrichtendienste, John Ratcliffe, mehr bekommen. Stattdessen sollen lediglich schriftliche Berichte verschickt werden. Die Abgeordneten verlieren damit die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen.

Präsident Donald Trump begründete den Schritt damit, dass Informationen aus vertraulichen Briefings an die Öffentlichkeit durchgesickert seien. "Sie leaken Informationen", sagte Trump am Samstag während eines Besuchs in Texas. Der demokratische Herausforderer Joe Biden kritisierte: "Das ist nicht, wie Demokratie funktioniert."

Russische Schützenhilfe für Trump

Vor vier Jahren gab es im US-Wahlkampf breit angelegte Propaganda-Kampagnen, die von Russland aus geführt wurden. Nach Erkenntnissen von US-Behörden und Internet-Konzernen ging es dabei zum einen darum, die Spaltung der Gesellschaft zu verstärken – zum anderen aber auch um Schützenhilfe für Trump. Dies haben auch die Nachforschungen von Sonderermittler Robert Mueller noch einmal bestätigt. Die russische Regierung um Präsident Wladimir Putin bestritt hingegen stets ihre Beteiligung.

Erst vor drei Wochen hieß es aus Ratcliffes Büro, auch jetzt gebe es Versuche aus dem Ausland, den Wahlkampf zu beeinflussen. Dabei bemühe sich Russland, Biden zu "verunglimpfen". China und der Iran wiederum wollten Trumps Wiederwahl verhindern, hieß es. Man sei "besorgt über die anhaltenden und potenziellen Aktivitäten" dieser drei Länder.

Keine Auskunft zu Grund für Auskunftsverweigerung

Vor diesem Hintergrund startete Biden eine Attacke gegen seinen Gegner. "Man kann nur zu einer Schlussfolgerung kommen: Präsident Trump hofft, dass Wladimir Putin wieder seine Kandidatur stärkt und sein entsetzliches Versagen bei der Bewältigung der diversen Krisen vertuscht, denen wir ausgesetzt sind", erklärte der frühere Vizepräsident am Wochenende. "Und er will nicht, dass das amerikanische Volk von den Schritten erfährt, die Wladimir Putin unternimmt, um Trump bei der Wiederwahl zu helfen."

Weder Trump, noch Ratcliffe erklärten, welche angeblich gestreuten Informationen genau die Entscheidung auslösten. Im Februar war nach einem Geheimdienst-Briefing in der "New York Times" gestanden, dass Russland sich erneut einmische, um Trumps Wiederwahl zu unterstützen. Erst Anfang August wurden diese Erkenntnisse auch öffentlich von den Geheimdiensten bestätigt.

US-Militär will sich nicht in Wahl einmischen

Doch nicht nur Russland, auch Trump selbst streut seit Wochen Zweifel an der Legitimation der Wahl. Er behauptet vor allem, dass es bei der Briefwahl zu Fälschungen zugunsten Bidens kommen werde – legt dafür aber keinerlei Beweise vor. Gegner schließen aus diesem Handeln, dass Trump im Falle einer Niederlage die Ergebnisse anfechten könnte. In einem für eine westliche Demokratie äußerst ungewöhnlichen Schritt hat sich dazu am Samstag auch das US-Militär zu Wort gemeldet.

Generalstabschef Mark Milley versichert, dass sich die Armee nicht einmischen werde. Die Stellungnahme kam nach einer Anfrage aus dem US-Kongress zustande. "Die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten legen Verfahren für die Durchführung von Wahlen fest – und die Beilegung von Streitigkeiten über den Ausgang dieser Wahlen", schrieb Milley in einer am Freitag (Ortszeit) veröffentlichten Antwort. "Ich sehe das US-Militär nicht als Teil dieses Prozesses." Präsident Donald Trump hatte sich zuletzt geweigert, zuzusichern, dass er das Wahlergebnis anerkennen werde: "Das muss ich mir erst ansehen." (APA, red, 30.8.2020)