Zumindest in der National Basketball Association (NBA) war der zweite, endgültige Abbruch der Corona-Saison ein Thema gewesen – nicht der Pandemie wegen, sondern wegen des Umgangs der Regierenden mit der nicht enden wollenden Serie an Polizeigewalt gegen Schwarze, wegen des strukturellen Rassismus im Land, wegen der durch Präsident Donald Trump befeuerten Spaltung der Gesellschaft wenige Wochen vor den Wahlen Anfang November.

Wakanda Forever.
Foto: AFP

LeBron James, der gegenwärtig größte Star der NBA und in seiner Sportart auch der Wortführer der Proteste, hat sich Rat geholt, nachdem sich dem Beispiel der NBA folgend fast der gesamte Profisport einem noch nie dagewesenen, befristeten Shutdown angeschlossen hatte – Eishockey (NHL) und Fußball (MLS), Baseball (MLS), Teile des Tenniszirkus und sogar American Football mit Trainingsstreiks in der NFL. James sprach mit Barack Obama. Der sei ein "großer Mensch", sagte der Sportstar und richtete auf Obama bezogen indirekt auch Trump etwas aus: "Ich wünschte, er wäre immer noch im Weißen Haus."

James hatte nach den Schüssen auf Jacob Blake in Kenosha, Wisconsin, vehement den Abbruch der NBA-Saison gefordert, die pandemiebedingt abgeschottet in Disney World Orlando, Florida, beendet werden soll. Obama riet offenbar ab, sprach sich aber für eine Pause aus. Michael "Air" Jordan, ehemaliger Superstar auf dem Parkett und selbst Mehrheitseigentümer der Charlotte Hornets, diente als Vermittler zu den restlichen Klubbossen. Sie stellten sich geschlossen hinter ihre Angestellten.

Hallen als Wahllokale

Bloß nicht mehr zu spielen, eventuell ganz aus dem Diskurs zu verschwinden, konnte nicht im Interesse der Sportler liegen. Die Klubs der NBA beschlossen, im November ihre Hallen als Wahllokale zur Verfügung stellen. So sollen trotz Corona sichere Möglichkeiten zur persönlichen Stimmabgabe garantiert sein. Außerdem werden bei den kommenden Playoff-Spielen Werbespots gezeigt, die bei den Zusehern das Bewusstsein für den Zugang zu Wahlen und ihre Wahlmöglichkeiten schärfen sollen.

Präsident Trump, vermutlich über die Ablenkung vom Parteitag der Republikaner erbost, sah sich in seinem Urteil über die NBA bestätigt. Die sei so etwas "wie eine politische Organisation geworden". Immerhin wisse er, dass die TV-Quoten "schlecht waren", weil die Menschen ihrer "überdrüssig sind".

2020

Dass die NBA nach einer Studie der Website Sports Media Watch rund vier Prozent gegenüber ihres Zuseherniveaus vor der Pandemie verloren und einen Abwärtstrend bestätigt hat, während andere Ligen gerade jetzt zulegen, ficht LeBron James weniger an als die Situation im Land. "Wir, schwarze Männer, schwarze Frauen, schwarze Kinder: Wir haben Angst in Amerika", sagte der 35-jährige 2,06-m-Forward von den Los Angeles Lakers. "Wir wissen nicht, ob ein Polizist mit dem richtigen oder falschen Fuß aufgestanden ist, wenn er das Haus verlässt, ob er wütend ist. Oder ob er vielleicht sagt: Heute endet das Leben eines Schwarzen."

James sprach auch den Verlust von schwarzen Identifikationsfiguren wie seinem Ex-Kollegen Kobe Bryant (Hubschrauberabsturz am 26. Jänner) und dem Schauspieler Chadwick Boseman an, der erst am Freitag einer Krebserkrankung erlag. "Wir haben die Schwarze Mamba und den Black Panther in einem Jahr verloren. Man kann ohne Zweifel sagen, dass 2020 das beschissenste Jahr meines Lebens ist." (Sigi Lützow, 30.8.2020)