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In Belarus demonstrierten am Sonntag erneut zahlreiche Menschen gegen Amtsinhaber Lukaschenko.

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Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften und Militär war im Zentrum von Minsk zusammengezogen worden, um die Lage zu kontrollieren und notfalls mit Gewalt einzugreifen.

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Alles Gute zum Wiegenfest – Wladimir Putin hat Alexander Lukaschenko am Sonntag zu seinem 66. Geburtstag telefonisch gratuliert und ihn nach Moskau eingeladen. Als Geschenk hatte er schon zuvor die umstrittene Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland), bei der sich Lukaschenko mit angeblich 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären ließ, für legitim erklärt.

Den Langzeitpräsidenten "beglückwünschten aber auch ungeladene Gäste zu seinem Jubiläum. Vor seiner Residenz in Minsk versammelten sich am Nachmittag mehr als 100.000 Menschen. Sie brachten ihm weiße Blumen und einen Beerdigungskranz mit. "Sascha (Koseform von Alexander, Anm.), komm raus", riefen die Demonstranten den Präsidenten zum Gespräch. In anderen Sprechchören forderten sie ihn aber zugleich zum Rücktritt auf und wollten ihn sogar festnehmen lassen. Selbst ein einsetzender Starkregen konnte die Menge nicht von der Residenz vertreiben.

Lukaschenko, der die Proteste als vom Ausland gesteuert bezeichnet und vor einer Woche noch eine ähnliche Großdemonstration mit Bildern konterte, die ihn mit einer Kalaschnikow in Begleitung seiner schwer bewaffnete Leibwache zeigten, ließ sich nicht vor den Demonstranten blicken. Spezialeinheiten hatten die Residenz schon am Morgen abgesperrt. Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften und Militär, teilweise sogar in gepanzerten Fahrzeugen, war im Zentrum von Minsk zusammengezogen worden, um die Lage zu kontrollieren und notfalls mit Gewalt einzugreifen.

Keine größeren Zwischenfälle

Das Internet hatte die belarussische Führung wie an den Wochenenden zuvor erneut gedrosselt, um die Kommunikation der Demonstranten und ihre Handlungsfähigkeit einzuschränken.

Die Oppositionsführerin Maria Kolesnikow hatte die Demonstranten aber dazu aufgefordert, sich friedlich zu verhalten und sich nicht provozieren zu lassen. Die Menge kam der Aufforderung nach, obwohl die Polizei bereits vor dem Abend mehr als 100 Personen festgenommen hatte.

Vor der Zentrale des Geheimdienstes KGB kam es zu einem Handgemenge, als Beamte in Zivil versuchten, mehrere Demonstranten festzunehmen. Der Menge gelang es aber, einen Teil der Festgenommenen wieder freizubekommen. Größere Auseinandersetzungen wurden allerdings nicht gemeldet.

Der Protest ist nicht auf Minsk beschränkt: Auch in anderen belarussischen Städten demonstrierten Tausende am Sonntag gegen den Amtsinhaber. Proteste wurden in fast allen Großstädten des Landes von Brest bis Witebsk gemeldet. Die Opposition fordert die Annullierung der Wahl und die Ansetzung von Neuwahlen. Zudem will sie die alte Verfassung wieder herstellen, nach der ein Präsident maximal zwei Amtszeiten regieren darf.

Wegen Repressionen gegen Medienvertreter will das Auswärtige Amt in Berlin Diplomatenkreisen zufolge "zeitnah" den weißrussischen Botschafter einbestellen. Im Vorfeld der neuen Proteste am Sonntag entzogen die weißrussischen Behörden einigen Medienvertretern die Akkreditierung. (André Ballin, red, 30.8.2020)