Gudrun Harrer (zugeschaltet), Pierre Heilbronn (EBRD), Martin Selmayr (Vertretung der EU-Kommission in Österreich), Moderator Paul Schmidt und Ex-Diplomat Hans Dietmar Schweisgut am Podium beim Forum Alpbach.

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Die gravierenden wirtschaftlichen, sozialen Folgen der Corona-Krise haben Stärken wie Schwächen der Europäischen Union in nie dagewesener Weise offenbart. "Nichts wird in Zukunft mehr so sein wie zuvor", sagte Martin Selmayr, EU-Botschafter in Österreich, am Sonntag beim Forum Alpbach.

Nicht nur verändern sich das Leben und die Arbeitswelt der Europäer gerade massiv. Auch die globale Rolle der EU werde sich ändern, diese könne vielen Ländern in der Welt ein positives Vorbild sein. Der Ende Juli beim EU-Gipfel fixierte Corona-Wiederaufbaufonds sei Beispiel dafür, wie man Krisen gemeinsam besser lösen kann.

Die Frage, ob nun die Stunde für Europa schlage, beantwortete er positiv. Pierre Heilbronn, Vizepräsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau (EBRD), sieht die Chance für die Europäer vor allem darin, zwischen China, Russland und den USA vermittelnd zu wirken.

Probleme im Nahen Osten die gleichen

Nicht alle Teilnehmer an diesem Panel der politischen Gespräche beim Forum teilten diesen Optimismus. Sie sei skeptisch, wandte die Nahostexpertin Gudrun Harrer vom STANDARD ein, dass Corona eine "EU 2.0" kreieren werde. An den Problemen bei vielen Konflikten in der Nachbarschaft habe sich nichts geändert. In Libyen, Syrien, aktuell bei den Konflikten mit der Türkei sei die EU nie aktiv gewesen, habe immer nur reagiert, nicht imstande, mit einer Stimme zu sprechen.

Mehr noch: EU-Staaten versuchten sich "als Solisten", die zunehmend autokratischen Führern gegenüberstünden, so Harrer. Dietmar Schweisgut, Ex-EU-Botschafter in Peking, konstatierte positive Änderungen. Die Corona-Hilfe habe der Welt gezeigt, dass in Europa "die Solidarität zurück ist". Was China betrifft, gelte es für Europa, die frühere Position der Naivität gegen mehr Realismus einzutauschen, ähnlich wie bei Wladimir Putin und Russland, wie Selmayr ergänzte. Entscheidend: Die EU müsse einig sein. (Thomas Mayer aus Alpbach, 31.8.2020)