Chocolatier Josef Zotter, Kräuterteehersteller Johannes Gutmann und Beziehungsethiker Robert Rogner schreiben über eine neue Wirtschaft.

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Die beiden großen Krisen der Gegenwart – die kurzfristige Coronavirus-Krise und die langfristige Klimakatastrophe – geben all jenen Kapitalismuskritikern Auftrieb, die schon lange ein Ende des Wirtschaftswachstums fordern – weil es den Planeten zerstöre und den Menschen zum Sklaven des Konsums degradiere. Wenn sich nun zwei der sympathischsten Unternehmer des Landes, Chocolatier Josef Zotter und Kräuterteehersteller Johannes Gutmann, zusammentun, um gemeinsam mit Hotelierssohn und Beziehungsethiker Robert Rogner in einem schlanken Buch diese Botschaft zu verkünden, dann findet das Gehör auch bei Leuten, die sonst nicht die Barrikaden der Marktwirtschaft stürmen.

Dass die Wirtschaft sich grundlegend ändern muss, um den Klimakollaps abzuwenden, darüber gibt es heute kaum noch Zweifel. Die Dekarbonisierung ist eine Jahrhundertaufgabe. Doch muss das tatsächlich mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts, mit niedrigerem Einkommen Hand in Hand gehen, wie es die "Degrowth"-Verfechter fordern?

Wirtschaftsleistung durch Dienstleistungen

Diese übersehen, dass in den Industriestaaten der Großteil der Wirtschaftsleistung nicht durch Produktion und Konsum von Gütern, sondern mit Dienstleistungen erzielt wird. Und diese zu reduzieren schafft keine bessere Gesellschaft. Im Gegenteil: Wir brauchen in Zukunft mehr Altenpfleger, Mediziner, Lehrende und Sozialhelfer – und viele würden sich auch über mehr Künstler und Journalisten freuen. Der Corona-Lockdown hat gezeigt, wie schmerzhaft der Verlust solcher Dienstleistungen für alle Beteiligten sein kann. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung, wie sie nun vielfach gefordert wird, würde den neuen Arbeitslosen wenig nutzen, aber den Fachkräftemangel in wichtigen Branchen verschärfen.

In Schwellen- und Entwicklungsländern wiederum bedeutet ein Ende des Wachstums, dass Milliarden von Menschen in Armut verharren oder dorthin zurückfallen werden. Ihnen fehlt es noch an elementaren Gütern fürs Leben. Dafür muss die Wirtschaft wachsen, ohne dass deshalb die Natur zerstört werden oder der CO2-Ausstoß steigen darf.

Auch für die Klimawende braucht es Milliarden für Investitionen und neue Technologien. Dafür muss die Wirtschaft wachsen – nicht durch mehr Ressourcenverbrauch, sondern durch höhere Produktivität und Qualität. Das gilt für Photovoltaik genauso wie für Edelschokolade und gesunde Kräuter. (Eric Frey, 30.8.2020)