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Milo Đukanović herrscht seit fast 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen über Montenegro.

Foto: AP / Risto Bozovic

Podgorica – Die staatliche Wahlkommission hat den knappen Wahlsieg der Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Milo Đukanović bei den Parlamentswahlen am Sonntag in Montenegro bestätigt. Wie die Behörde auf ihrer Webseite mitteilte, führt die DPS nach Auszählung von 98,55 Prozent der Stimmen mit 35,12 Prozent vor der oppositionellen Allianz um die Demokratische Front (DF) mit 32,54 Prozent.

Zwei weitere Oppositionsparteien, das Bündnis um die Demokraten "Frieden ist unsere Nation" und die Bürgerbewegung URA kamen auf jeweils 12,55, bzw. 5,57 Prozent der Stimmen. Die Mandatsverteilung im 81-Sitze-Parlament ist noch nicht bekannt.

Bei der vergangenen Wahl vor vier Jahren war die DPS noch auf 41 Prozent der Stimmen und 36 von 81 Parlamentsmandaten gekommen. Die pro-westliche DPS wurde zwar auch diesmal wieder relativ stärkste Kraft. Das Oppositionsbündnis um die pro-russische Demokratische Front (DF) ist ihr allerdings mit 33 Prozent der Stimmen und 27 bis 28 Mandaten dicht auf den Fersen. Mit ihren potenziellen Bündnispartnern – zwei kleineren sozialdemokratischen Parteien und Listen der albanischen und bosniakischen Minderheiten – käme die Präsidentenpartei im besten Falle auf 40 Sitze im neuen Parlament und hätte damit die Regierungsmehrheit verfehlt.

Offizielles Ergebnis abwarten

Eine solche hätte das DF-Bündnis zusammen mit zwei pro-europäischen Allianzen, die von den liberalen Demokraten und von der Bürgerpartei URA angeführt werden. In vielen Positionen weichen diese Parteiblöcke jedoch stark voneinander ab. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich – im Falle einer Mehrheit – auf ein gemeinsames Regierungsprogramm werden einigen können.

Đukanović gab in der Wahlnacht den Führungsanspruch für seine DPS noch nicht auf. "Wir haben derzeit zusammen mit den traditionellen Partnern 40 Mandate", erklärte er vor Anhängern in Podgorica. "Der Kampf um eine Mehrheit im Parlament geht also weiter."

Gespalten in Grundsatzfragen

Der 58-Jährige herrscht seit fast 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen über die ehemalige jugoslawische Teilrepublik an der Adria. Kritiker werfen ihm Korruption, die Verfolgung von unabhängigen Medien und Wahlmanipulationen vor. In seiner Ära gab es bisher bei keiner Parlaments- oder Präsidentenwahl einen demokratischen Machtwechsel.

Die Bevölkerung des kleinen Balkanlandes zeigt sich in vielen Grundsatzfragen wie etwa dem Verhältnis zu Serbien und zum Westen gespalten. Đukanović steht heute für einen pro-westlichen Kurs. 2006 hatte er das Land in die Unabhängigkeit von Serbien geführt, 2017 in die Nato. Seit 2012 verhandelt Montenegro über einen EU-Beitritt.

Massenproteste möglich

Zuletzt heizte Đukanović jedoch die Spannungen an, als er Ende des Vorjahres ein Gesetz beschließen ließ, das der aus Belgrad gesteuerten Serbisch-Orthodoxen Kirche mit der Enteignung ihrer Besitztümer droht. Das Gesetz zog Massenproteste nach sich, die erst infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr abebbten.

Die Regierung von Đukanović ist zudem mit Vorwürfen konfrontiert, den Wahlprozess zu manipulieren. Untersuchungen von Investigativ-Journalisten ergaben schon bei früheren Wahlen starke Hinweise auf verfälschte Wählerverzeichnisse, Stimmenkauf und Wählererpressung.

Sollte die Staatliche Wahlkommission ein Endergebnis vorlegen, das von den Prognosen der Wahlnacht zuungunsten der Opposition entscheidend abweicht, könnte es deshalb zu Massenprotesten von Oppositionsanhängern kommen. Der Wahltag selbst verlief ruhig und friedlich. (APA, 31.8.2020)