Diskussionsteilnehmer Strobl, Gadenstätter und Kurz in Wien, Georgieva in Sofia – und das alles findet virtuell in Alpbach statt.

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Corona könnte nach dem Einbruch der Weltwirtschaft im ersten Halbjahr noch dramatische Folgen für die Unternehmen haben. Davor warnte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, am Montag beim Europäischen Forum Alpbach, wo sie virtuell mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Raiffeisenbank-International-Chef Johann Strobl zusammentraf.

Konkret befürchtet Georgieva eine Verdreifachung der Pleiten von Klein- und Mittelunternehmen. Wichtiger Zusatz: Diese Entwicklung wäre aus Sicht des Fonds ein realistisches Szenario, wenn die Staaten den Betrieben nicht unter die Arme griffen. Laut Georgieva wurden allerdings global Stützungsmaßnahmen im Volumen von elf Billionen Dollar auf den Weg gebracht. Nun sei es wichtig, diese Hilfen nicht zu rasch auslaufen zu lassen, so die Nachfolgerin von Christine Lagarde an der Spitzen des Währungsfonds.

Ungleiche Erholung

Sie sprach von einer ungleichen und partiellen Erholung der Konjunktur. Schon zuvor hatte die multilaterale Organisation, die über die Finanzstabilität wacht, vor eine Verlangsamung der eben erst begonnen konjunkturellen Erholung gewarnt. Neben einer Pleitewelle drohe dann ein weiteres Hochschnellen der Arbeitslosigkeit.

In Alpbach geht es heuer um Fundamentales.
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Allerdings sprach sich Georgieva gegen das Ausschütten von Geldern mit der Gießkanne aus.Via Screen im spärlich besetzten Alpbacher Kongresszentrum nannte sie zwei wichtige Kriterien für Stützungsmaßnahmen: Von ihnen sollten nur Personen und Betriebe profitieren, die die Hilfen auch wirklich benötigten; Zudem solle der Wiederaufbau mit den richtigen Weichenstellungen verknüpft werden, so Georgieva: "Investieren sie die Hilfsgelder intelligent für die Wirtschaft von morgen und schützen sie nicht die Wirtschaft von gestern."

Blick auf "Loser"

Konkret sprach sie dabei Anstrengungen in Richtung Digitalisierung und Ökologisierung an." Ähnliche Appelle hatte davor schon der Vizechef der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, an die Öffentlichkeit gerichtet. Er mahnte Investitionen in Bildung und Forschung ein, damit Europa wettbewerbsfähig bleibe.

Bei der Digitalisierung, die durch Corona forciert werde, dürften die "Loser" nicht zurückgelassen werde. Nicht alle Menschen hätten die richtigen Fähigkeiten, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Das gelte bei der Digitalisierung vor allem für ältere Menschen.Allerdings warnte Dombrovskis davor, die Entwicklung aufzuhalten. Schon die Automatisierung in der Industrie habe mehr Produktivität und Prosperität gebracht. Ähnliche Effekte erwartet der Kommissar von Digitalisierung, deren negative Auswirkungen freilich abgefedert werden sollten.

Kurz für Kooperation in Europa

Für Bundeskanzler Kurz ist in der aktuellen Corona-Pandemie eine "starke Kooperation in Europa" notwendig. "Es gibt keine Blaupause, wie man die Krise löst", so Kurz. Außerdem sei eine "starke Zusammenarbeit in der Region notwendig, damit die Grenzen offenbleiben. Die Aussage dürfte im Zusammenhang mit der ungarischen Grenzschließung am 1. September zu sehen sein.

Der Kanzler lobte Österreich nicht nur für die raschen und energischen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, sondern auch für den finanziellen Spielraum. Der solide Budgetkurs der letzten Jahre habe umfassende Hilfspakete möglich gemacht, so Kurz. (Andreas Schnauder, 31.8.2020)