Die Fähigkeit von Hunden, menschliche Sprache zu verstehen, hat uns eng zusammengeschweißt.
Foto: EPA/TATYANA ZENKOVICH

Wenn ein Mensch ein Kompliment bekommt, reagieren zunächst einmal primitivere, subkortikale Gehirnregion auf die Intonation des Gesagten und dessen emotionalen Gehalt. Erst dann kommt der deutlich jüngere auditive Kortex in der Großhirnrinde zum Zug, der die gelernte Bedeutung der Worte entschlüsselt.

2016 fanden Wissenschafter heraus, dass auch das Gehirn von Hunden Intonation und Bedeutung von an sie gerichtete Worte separat verarbeitet. Bei Hunden ist allerdings die rechte Gehirnhälfte dafür zuständig, während es bei uns Menschen die linke Hemisphäre ist. Dennoch blieb bisher eines rätselhaft: Vollziehen die Hundegehirne dieselben Verarbeitungsschritte wie menschliche Gehirne, wenn sie beispielsweise Lob hören?

Antwort auf eine alte Frage

"Das ist eine wichtige Frage, denn Hunde sind im Grunde eine sprachenlose Spezies – und doch reagieren sie korrekt auf unsere Worte", sagt Attila Andics, Neurowissenschafter an der Eötvös Loránd Universität (ELTE) in Budapest und Koautor sowohl der vorherigen als auch einer aktuellen Studie, die im Fachjournal "Scientific Reports" veröffentlicht wurde.

Die Arbeit lieferte nun eine Antwort: Tatsächlich verarbeiten die Vierbeiner Sprache in ähnlicher Weise wie Menschen. Die Untersuchungen mit Magnetresonanztomografen zeigten, dass das Gehirn von Hunden nicht nur Informationen aus dem ableitet, was wir sagen und wie wir es sagen, sondern auch das selbe Sprachverarbeitungssystem zum Einsatz kommt, wie beim Menschen.

Hunde erkennen die Bedeutung von Befehlen wie "Sitz!", verstehen aber auch den zugrunde liegenden Tonfall und den damit zusammenhängenden Sinn von Worten, die sie gar nicht kennen. Werden beispielsweise Hunde mit hoher Stimme gelobt, erkennen sie, dass etwas Positives zum Ausdruck kommt. Bisher war jedoch wenig darüber bekannt, was im Gehirn eines Hundes vor sich geht, während die Sprache verarbeitet wird.

Hunde in der MRT-Röhre

Um dies zu untersuchen, haben die Forscher die Gehirnaktivität von Hunden mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie analysiert, während die Tiere bekannte Lobwörter und unbekannte Worte hörten, die entweder neutral oder lobend ausgedrückt wurden. "Die Untersuchung von Ähnlichkeiten und Unterschieden bei der Sprachverarbeitung zwischen dem Gehirn von Hunden und Menschen kann sehr hilfreich sein, um die Schritte zu verstehen, die zur Entstehung von Sprache während der Evolution geführt haben", sagte die Studienleiterin Anna Gábor.

Video: Wie Hunde menschliche Sprache verarbeiten.
FamilyDogProject

"Das menschliche Gehirn verarbeitet Sprache hierarchisch: Zunächst die Intonationen auf niedrigeren, dann die Wortbedeutungen auf höheren Ebenen. Um herauszufinden, ob es diese Hierarchien bei der Sprachverarbeitung auch bei den Hunden gibt, haben wir diesmal eine spezielle Technik angewendet", erklärt Gábor. "Wir haben gemessen, wie die Gehirnaktivität des Hundes auf wiederholte Reize abnimmt. Während des Gehirnscans wiederholten wir manchmal Wörter, manchmal Intonationen. Eine stärkere Abnahme der Aktivität der entsprechenden Gehirnregion auf bestimmte Wiederholungen zeigt die Beteiligung dieser Region."

Hinweis auf älteres Prinzip

Die Ergebnisse belegen, dass Hundegehirne Sprache tatsächlich hierarchisch verarbeiten, genau wie menschliche Gehirne: Die Intonation wurde hauptsächlich in subkortikalen Regionen ausgewertet, die vertrauten Worte dagegen in kortikalen Bereichen des Gehirns. Außerdem fanden die Forscher heraus, dass ältere Hunde weniger Wörter unterschieden als jüngere Hunde.

"Obwohl die Sprachverarbeitung beim Menschen in vielerlei Hinsicht einzigartig ist, ergab diese Studie aufregende Ähnlichkeiten zwischen uns und einer an sich sprachenlosen Spezies. Die Ähnlichkeit bedeutet jedoch nicht, dass dieses hierarchische Verarbeitungsmuster bei der Entwicklung der Sprache entstanden ist", sagt Andics. "Stattdessen dürfte die festgestellte Hierarchie nach Intonation und Wortbedeutungsverarbeitung ein allgemeineres, nicht sprachspezifisches Prinzip widerspiegeln." (tberg, 31.8.2020)