In 13 Vorarlberger Kommunen werden die Stimmzettel bei den Kommunalwahlen am 13. September leer sein. Am Arlberg tummeln sich in Lech gleich vier Listen auf dem Stimmzettel, am Bodensee sogar sieben Listen.

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Bregenz – In 13 Vorarlberger Kommunen werden bei den Gemeindewahlen am 13. September leere Stimmzettel aufliegen. Das Wahlrecht in Vorarlberg sieht nämlich auch die sogenannte Mehrheitswahl vor: Die Wahlberechtigten können doppelt so viele Namen auf dem leeren Stimmzettel anführen wie Mandate zu vergeben sind. Die Bürger mit den meisten so erzielten Stimmen ziehen schließlich in die Gemeindevertretung ein.

Die Mehrheitswahl ist ein Vorarlberger Unikat, das es in keinem anderen Bundesland gibt. Sie war 1984 vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben worden. Nach einer Bundesverfassungsgesetzesnovelle im Jahr 1994 wurde die Mehrheitswahl 1998 wieder in das Landesgesetz aufgenommen und bei den Gemeindewahlen 2000 angewandt.

Diese Art der Bestimmung der Gemeindevertretung findet freilich nur in (sehr) kleinen Gemeinden Anwendung, nämlich in jenen Kommunen, in denen sich keine Liste zur Wahl angemeldet hat. Neun Gemeinden, die am 13. September nach dem Mehrheitswahlrecht abstimmen, haben weniger als 700 Einwohner. In manchen dieser Orte werden Personen, die sich ein Engagement in der Gemeindepolitik vorstellen können, noch vor der Wahl im Gemeindeblatt vorgestellt. Nach dem Urnengang gelten jene mit den meisten Stimmen als gewählt. Der oder die Bürgermeisterin wird dann vom Gemeindeparlament bestimmt.

Vier Listen buhlen in Lech am Arlberg um Stimmen

Alles andere als leer sind die Stimmzettel im Arlberger Nobelskiort Lech: In der 1.600-Einwohner-Gemeinde wollen gleich vier Listen gewählt werden. Das ist umso erstaunlicher, als Lech in der Vergangenheit per Mehrheitswahl über seine Gemeindevertretung entschied. Dieses Mal wollen es die "Liste Lech" rund um Langzeitbürgermeister Ludwig Muxel, "Zukunft wagen", "Zusammen uf Weg" und "Unser Dorf" wissen. Die Liste "Die Jugend von Lech", die am 15. März – dem ursprünglich angesetzten Wahltermin – ebenfalls angetreten wäre, hat ihre Kandidatur zurückgezogen.

Offenbar bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, wie sich die Gemeinde entwickeln soll. Noch im Sommer ist im Ort erneut eine Diskussion über die künftige Gestaltung des Gemeindezentrums inklusive Einkaufszentrum entbrannt. In der Bürgermeister-Direktwahl tritt Muxel neben Bruno Strolz ("Zusammen uf Weg") auch gegen Stefan Jochum ("Unser Dorf") an. Der 65-jährige Muxel – seit über 27 Jahren im Amt – will noch einmal gewinnen und den Bürgermeistersessel im Lauf der Periode abgeben. Jochum (54) stellt sich als langjähriger Vertrauter und Mitarbeiter von Muxel – er ist der Standesbeamte der Gemeinde – erst jetzt zur Wahl. Im März schien er noch nicht als Bürgermeisterkandidat auf den Wahlzetteln auf. Die größte Auswahl an Parteilisten überhaupt haben am 13. September die Wähler in Hard am Bodensee. Sie können sich für eine von sieben Listen entscheiden.

Erstmals eigener Stimmzettel für Bürgermeisterwahl

Die Bürgermeisterdirektwahl ist in Vorarlberg im Jahr 2000 eingeführt worden, einen eigenen Stimmzettel dafür gab es aber noch nie. Bisher wurden die Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen stets mit einem Stimmzettel durchgeführt, was viele ungültige Stimmen zur Folge hatte. Bei den heurigen Urnengängen werden Gemeindevertretungen und Gemeindeoberhäupter mit separaten Zetteln gewählt.

Die ÖVP hat sich gegen den Wunsch aller anderen Parteien lange gegen den separaten Bürgermeisterstimmzettel gewehrt. Da durch die Direktwahl Stimmensplitting möglich ist – der bevorzugte Bürgermeisterkandidat muss nicht für jene Liste antreten, der man seine Stimme gibt –, hoffte die in den Gemeindevertretungen stark dominante ÖVP auf einen "Mitnahmeeffekt" bei den Bürgermeistern. Vorarlberger FPÖ, Grüne und SPÖ wurden deshalb sogar zweimal beim Verfassungsgerichtshof vorstellig, um das Gemeindewahlgesetz anzufechten, blitzten mit ihrem Anliegen jedoch ab. 2017 lenkte die Volkspartei schließlich dennoch ein.

Grundsätzlich gilt bei der Bürgermeisterdirektwahl, dass ein Kandidat nur dann Gemeindeoberhaupt werden kann, wenn auch die Liste, für die er antritt, mindestens mit einem Mandat in die Gemeindevertretung gewählt wird. (red, APA, 1.9.2020)