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Jeffrey Dahmer ermordete nach eigenen Angaben 17 junge Männer und praktizierte in einigen Fällen Kannibalismus.
Foto: REUTERS/Allen Fredrickson

Berlin – Morde, bei denen die Täter Teile ihrer Opfer verzehren, sind extreme Ausnahmeerscheinungen und bilden eine ganz spezielle Verbrechenskategorie. Trotz ihrer Seltenheit ist es Wissenschaftern gelungen, für die Zeit nach 1900 eine große Zahl solcher Fälle über Publikationen, Internetrecherchen und Expertenbefragungen zu dokumentieren. Der Datensatz enthält 121 Kannibalen, darunter prominente Mörder wie Karl Denke, Jeffrey Dahmer, Andrei Chikatilo und Issei Sagawa, bei den meisten handelt es sich jedoch um weitgehend unbekannte Fälle.

Indem die Forscher von der Humboldt Universität Berlin und der US-amerikanischen Princeton University Informationen der Täter und 631 ihrer Opfer mit Daten über "gewöhnliche" Morde aus FBI-Datenbanken verglichen, konnten sie nun ganz charakteristische Eigenheiten dieser Verbrechen hinsichtlich der Methoden, der Täter selbst und der Opfer herausarbeiten.

Video: Interview mit Jeffrey Dahmer.
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Kannibalistische Eigenheiten

Es zeigte sich, dass Kannibalen überdurchschnittlich häufig mit physischer Gewalt töten, etwa durch Erstechen, Strangulieren oder Erschlagen, und nur seltener mit Schusswaffen. Von Kannibalen ausgeführte Morde haben oft einen sexuellen Bezug, die Täter sind meist ältere Männer, die jüngere Frauen töten. Opfer sind häufig Fremde und nur selten Vertraute.

Besonders interessant fanden die Wissenschafter jedoch, dass Kannibalen deutlich seltener als "gewöhnliche Mörder" Blutsverwandte töten – eine Eigenheit, die auch in der Tierwelt Parallelen hat, wie die Forscher im Fachjournal "Frontiers of Psychology" berichten. In vielen dokumentierten Fällen erbrachen sich die Kannibalen, während sie Körperteile ihrer Mordopfer verspeisten.

Video: Interview mit dem russischen Mörder und Kannibalen Wladimir Nikolayev.
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Biologische Mechanismen

Die Wissenschafter schließen daraus, dass eine innere Abscheu dem Verspeisen von Verwandten entgegenwirkt. Obwohl bei kannibalistischen Tätern grundsätzlich schon von einer massiven psychischen Störung auszugehen ist, dürften jene, die ihre Blutsverwandten töteten, noch schwerwiegendere psychische Probleme haben. "Es ist bemerkenswert, dass bei diesen Schwerverbrechern biologische Mechanismen greifen, die enge Verwandte schützen", sagt Studien-Koautorin Marlies Oostland von der Princeton-University. (red, 1.9.2020)