Funke/Benko haben bei den Kartellbehörden die "alleinige Beherrschung" der "Krone" angemeldet. Das Oberlandesgericht als Kartellgericht erster Instanz sieht sich nach ersten STANDARD-Infos nicht zuständig.

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Das Oberlandesgericht Wien lässt die deutsche Mediengruppe Funke und ihren Partner, Immobilientycoon René Benko, im "Krone"-Gesellschafterstreit nach nun bestätigten STANDARD-Infos abblitzen: Funke/Benko haben bei den Kartellbehörden die "alleinige Beherrschung" von Österreichs weitaus größter Tageszeitung angemeldet. Das Oberlandesgericht als Kartellgericht erster Instanz sieht sich nach STANDARD-Infos nicht zuständig für Streitigkeiten über Anteile und Stimmrechte innerhalb einer Gesellschaft.

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts bestätigt auf STANDARD-Anfrage: Das Kartellgericht (Oberlandesgericht Wien) habe den Antrag auf Prüfung des Zusammenschlusses in Bezug auf die "Kronen Zeitung" zurückgewiesen, das heißt, nicht inhaltlich darüber entschieden, sondern festgehalten, dass die formellen Voraussetzungen für eine Prüfungsentscheidung nicht vorliegen.

Eine solche Entscheidung kommt nicht ganz überraschend: Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Verfahren zu einer Detailfrage des Verfahrens schon entschieden, dass Kartellgerichte nicht über strittige Fragen unter Gesellschaftern über Anteile zu richten hätten (Mehr dazu etwa in diesem STANDARD-Bericht).

Streit um Stimmrechte

Die Funke-Gruppe argumentiert auch in dem Kartellverfahren damit, dass die Familie Dichand beim Erben der Anteile von Gründer Hans Dichand Stimmrechte verloren hätte. Funke/Benko einerseits und Dichands andererseits halten je 50 Prozent der Gesellschaftsanteile an der "Krone". Die Gesellschaftsverträge sehen – grob gesprochen – nur für ganze Prozentpunkte Gesellschaftsanteil Stimmrechte vor. Das Erbe Dichands wurde aber auf vier Erben – Witwe Helga und die drei Kinder Michael, Johanna und Christoph Dichand aufgeteilt. Sie halten damit jeweils 12,5 Prozent – und für die viermal 0,5 Prozent gebe es keine Stimmrechte. Damit hätte die Funke-Gruppe 50 Prozent der Stimmrechte, die Dichands verfügten aber nur noch über 48 Prozent Stimmrechte.

Der Sprecher des Oberlandesgerichts Wien dazu auf STANDARD-Anfrage: "Die Auswirkung dieser Überlegung ist noch in diversen Gerichtsverfahren zu entscheiden. Auch die Wirksamkeit einer Rahmenvereinbarung aus 1987 ist strittig. Mit dieser Rahmenvereinbarung wurden zwei Gesellschaftergruppen festgelegt, die ihre Rechte nur einheitlich ausüben können. Dazu gibt es ein Schiedsverfahren vor der Schweizer Handelskammer. Das Kartellgericht sah daher keine Zuständigkeit, um einen Zusammenschluss zu prüfen, weil die gesellschaftsrechtliche Wirkung der Aufteilung der Stammanteile von Hans Dichand auf vier Erben und die Beurteilung der Rahmenvereinbarung noch in Schwebe sind."

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung nach Auskunft des Sprechers am Dienstag den Parteien zugestellt. DER STANDARD ersuchte Vertreter der Funke-Gruppe und der Familie Dichand um Auskunft dazu, Antworten stehen derzeit aus.

Handelsrichterin skeptisch

Die Argumentation mit den bei der Aufteilung des Erbes verloren gegangenen Stimmrechten verfolgt die Funke-Gruppe auch in einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien. Dort verlangt die Funke-Gruppe den Ausschluss der Dichands aus der Gesellschaft. Die Richterin zeigte sich in der Vorwoche sehr skeptisch, für solche Gesellschafterstreitigkeiten seien laut Gesellschaftsverträgen Schiedsgerichte nach Schweizer Recht zuständig. Diese Verträge hat ein solches Schiedsgericht erst im Mai bestätigt. Die Funke-Gruppe und Benko haben angekündigt, diese Schiedsentscheidung anzufechten.

Jahrzehntelanger Streit

Funke-Gruppe und Familie Dichand streiten seit Anfang der 2000er-Jahre über Vorrechte der Dichands in der "Krone", die ihnen die Funke-Gruppe beim Einstieg 1987 einräumte: ein garantierter Gewinn unabhängig vom Geschäftsgang vor allem, den die Funke-Gruppe den Dichands zahlen muss, wenn ihn die "Krone" nicht abwirft. Die Dichands haben etwa auch das Sagen in der Redaktion.

Ende 2018 übernahm Immobilienmilliardär René Benko 49 Prozent an jener Funke-Firma, die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" hält. Benko will die Funke-Anteile komplett übernehmen, wenn die Vorrechte der Dichands fallen. Die Verträge darüber hat ein Schiedsgericht aber erst im Mai 2020 bestätigt und deren Kündigung durch die Funke-Gruppe abgelehnt. Inzwischen haben Funke/Benko die Verträge neuerlich gekündigt. Sie wollen, hieß es vorige Woche am Handelsgericht, kein Schiedsverfahren mehr mit den Dichands. Die Handelsrichterin verwies auf dessen Zuständigkeit laut den Verträgen. (fid, 1.9.2020)