25 Meter über dem Straßenniveau ist die "Libelle", hier im Hintergrund, nun endlich auf dem Dach des Leopold Museums gelandet. Für die Lichtkreise und damit Sichtbarkeit des Projekts sorgte die Künstlerin Brigitte Kowanz.

Foto: Andy Urban

Wien – Große Erleichterung war zu spüren, als die "Libelle" am Dienstagvormittag der Presse vorgestellt wurde. Zwar flirrt sie noch nicht so schön, wie sich das Architekt Laurids Ortner und die für die Fassadengestaltung zuständige Künstlerin Eva Schlegel vorgestellt haben – denn dazu bräuchte es statt strömenden Regens Sonneneinfall –, aber wenigstens ist das Tierchen nun gelandet.

Seit 2007 und konkreter ab 2011 wurden die Pläne für den Dachausbau des Leopold-Museums gewälzt, 2014 wurde das Projekt der Öffentlichkeit präsentiert, 2015 hätte der Spatenstich erfolgen sollen, 2018 war es erst so weit. Die für den Frühling geplante Eröffnung hat sich Corona-bedingt verschoben.

7,5 Millionen Euro kostete das Projekt. Gedeckt wurden die Kosten zur Hälfte aus MQ-Eigenmitteln, die andere Hälfte soll durch künftige Mieteinnahmen eingenommen werden. 1.350 Quadratmeter macht die Gesamtfläche aus, davon ist die "Libelle" der kleinste Teil, 970 Quadratmeter allein sind für die Terrasse reserviert.

Der Veranstaltungsraum in der Libelle – was dort genau an Kulturevents stattfinden soll, ist noch unklar.
Foto: Andy Urban

Die Künstlerin Brigitte Kowanz versah den Freiraum mit drei Lichtkreisen auf jeweils sechs bis sieben schräg gestellten Stützen. Trotz der Größe der Installation wirken die Kreise dezent und dynamisch und rahmen das Highlight – den fantastischen Blick über die Stadt – auf gelungene Weise ein. Kowanz' Aufgabe bestand darin, die Terrasse sichtbar zu machen und die Aufmerksamkeit auf den hohen Standort zu lenken; Ihre Kollegin Eva Schlegel hatte sozusagen die gegenteilige Aufgabe: Die 2,4 Millionen weißen Punkte, die sie an der Fassade des Herzstücks, der Libelle selbst, angebracht hat und die bei Sonneneinfall zu flirren beginnen sollen, dienen auch dazu, die Anrainer vor etwaiger Lichtverschmutzung zu schützen.

Penis aus der Vogelperspektive

Von außen wie innen wirkt die Libelle, in deren Veranstaltungsraum Kulturevents stattfinden sollen, recht zurückgenommen. Vorab sorgte sie nur in der Aufsicht für "Erregung", gleicht sie doch aus der Vogelperspektive eher einem Penis als einem Insekt. Architekt Laurids Ortner, der zusammen mit seinem Bruder für die meisten Neubauten des Museumsquartiers verantwortlich zeichnet, schmunzelt ob dieser Assoziation. Mit einer Libelle habe der Bau optisch tatsächlich nicht viel gemein, eher soll er die luftige Leichtigkeit einer Libelle widerspiegeln. Mit einem Lift fährt man direkt auf das 25 Meter über dem Straßenniveau liegende Areal. Dort wird es zwar eine Dependance des Café Leopold geben, der Raum soll aber konsumfrei genutzt werden können. Der beliebte Hof des Museumsquartiers, von vielen als Treffpunkt zum Gemeinsam-Sein genutzt, wird also sozusagen in der Vertikale gespiegelt.

Salon unter freiem Himmel

Vertreter der Stadtpolitik wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) oder auch der Bezirksvorsteher von Neubau, Markus Reiter (Grüne), freuen sich über die Demokratisierung des Stadtraums. Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold-Museums, sieht im Dachausbau gar "einen Wiener Salon unter freiem Himmel".

Wie das Programm dieser Kulturterrasse gestaltet sein wird, ist allerdings noch nicht klar. Zur Eröffnung – ab 4. September ist die Libelle für alle zugänglich – gibt es jedenfalls eine Licht- und Klanginstallation von Alex Kasses sowie eine Performance dreier Posaunistinnen. Wirklich in Fahrt wird die Libelle wohl erst nächste Saison kommen, denn von 1. November bis 31. März ist ohnehin Winterpause. (Amira Ben Saoud, 1.9.2020)