Es ist angerichtet. Oder doch nicht?

Foto: Microsoft/Sony - Montage: Daniel Koller

Es ist angerichtet. Ende 2020 heißt es wieder Microsoft gegen Sony im großen Konsolenkrieg. Die Xbox Series X tritt gegen die PS5 an. Schwarz gegen Weiß. USA gegen Japan. David gegen Goliath. Ob nun ein Zweikampf eintritt, steht auf einem anderen Blatt. Microsoft geht aufgrund der vergangenen Konsolengeneration als klarer Underdog ins Rennen. Die PS4 verkaufte sich mehr als doppelt so oft wie die Xbox One – teils aus Eigenverschulden von Microsoft. Nun sind die Karten neu gemischt –oder etwa doch nicht?

Sony setzt auf bewährtes Erfolgsrezept

Sony setzt auf jeden Fall auf Kontinuität. Mit Exklusivtiteln will man die Massen begeistern. Spider-Man: Miles Morales, Horizon 2: Forbidden West und Gran Turismo 7 wurden bereits angekündigt. Die genannten Games lassen sich nur auf der PS5 nutzen. Playstation-CEO Jim Ryan sagte selbst, dass man die eigene Spielerbasis möglichst schnell für die neue Konsolengeneration begeistern wolle. Der Umstieg soll in einem noch nie dagewesenen Tempo über die Bühne gehen, so der Chef der Konsolensparte des japanischen Unternehmens.

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Microsoft versucht etwas ganz anderes

Microsoft geht unterdessen einen anderen Weg. Der Xbox-Hersteller will sich unter neuer Führung vom früheren Image lösen, dass man besser wisse, was der Spieler wolle. Xbox-Chef Phil Spencer betont immer wieder, dass der Gamer im Fokus stehe, und vermarktet sich zunehmend als der kundenfreundliche "Good Guy". Microsoft setzt auch nicht auf einen möglichst schnellen Wechsel. Titel, die für die Xbox Series X erscheinen, sollen in nächster Zeit auch für die Xbox One erscheinen. Aus Konsumentensicht ist das löblich, wieso sollte man dann aber überhaupt eine neue Konsole von Microsoft kaufen?

Die Xbox hat im Grunde kaum eine Chance

Tatsächlich dürfte der Hersteller kein Interesse an einem Zweikampf mit Sony haben, da man diesen wohl oder übel ohnehin verlieren wird. Allerdings hat Microsoft ein Ass im Ärmel: den Game Pass. Dabei handelt es sich um ein monatliches Spiele-Abo, bei dem man zu einem verschwindend geringen Preis Zugriff auf eine größere Sammlung aktueller und vergangener Titel erhält. Zum Portfolio zählen Eigenproduktionen, aber auch Spiele von kooperierenden Herstellern. Ein Euro kostet der Dienst zum Start, danach werden je nach Version zwischen vier und 13 Euro fällig.

Ein bereits sehenswertes Angebot

Das Angebot ist beachtlich. Wasteland 3, Microsoft Flight Simulator, Tell Me Why, Spiritfarer, Darksiders Genesis, Grounded und A Plague Tale: Innocence sind nur eine kleine Auswahl der Sammlung. Kauft man die Spiele, kommt man auf einen deutlich höheren Preis. Allerdings ist der Nachteil an so einem Abo, dass man die Games nicht besitzt. Verschwindet ein Titel aus dem Portfolio, ist dieser nicht mehr nutzbar. Immerhin werden Spielfortschritte gespeichert. So ist es möglich, an einem Game nahtlos weiterzuspielen, sollte dieses entfernt werden.

Microsoft will Cloudgaming richtig machen

Mit xCloud soll der Dienst zusätzlich aufgewertet werden. So lassen sich Spiele aufs Smartphone, PC oder Konsole streamen. Aktuell ist der Dienst noch in einer Beta. Spieleauswahl und Verfügbarkeit sind somit noch stark begrenzt. Auch beim Thema Infrastruktur hapert es noch vielerorts. Das musste auch Google mit Stadia schmerzhaft erkennen. Der IT-Gigant ist mit dem Cloudgaming-Dienst vorgeprescht – bislang ohne großen Erfolg. Ein nicht unbedeutender Grund dürfte der mangelnde Content sein.

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Auf den langfristigen Erfolg setzen

Und hier kommt Microsoft wieder ins Spiel. Der Hersteller hat mittlerweile einige Spieleschmieden übernommen und Kooperationen mit weiteren Herstellern eingegangen. Und auch beim Thema Infrastruktur baut Microsoft den hauseigenen Clouddienst Azure aus. Zuletzt baut man sich mit dem Game Pass zum äußerst günstigen Preis bereits eine Community auf. Microsoft geht somit ein gewisses Wagnis ein. Sie spekulieren darauf, das Netflix der Spiele zu werden. Sony wird wohl mit Sicherheit den Konsolenkrieg gewinnen – auf lange Sicht könnte aber Microsoft besser dastehen. (Daniel Koller, 6.9.2020)