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Rudolf Anschober sieht noch schneller Licht am Ende des Tunnels als Sebastian Kurz: So lässt sich die gut sechzig Minuten lange Rede des grünen Gesundheitsministers am Dienstagvormittag zusammenfassen, mit der er die Bevölkerung über die neue Lage zur Corona-Situation informierte. Zuvor hatte der türkise Kanzler ein ähnliches Format gewählt. Erst im letzten Viertel steuerte Anschobers Auftritt auf den Höhepunkt zu – in jenem Moment, als er völlig überraschend erste Impfungen in Österreich gegen das Virus "möglicherweise" schon für Jänner in Aussicht stellte.

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"Ich wage mich weit raus und möchte eine Prognose abgeben", sagte der Minister, ehe er seine Frohbotschaft setzte. Wenige Tage zuvor hatte Kurz dem Volk eine Rückkehr zur Normalität für den nächsten Sommer nach der kalten, dunklen Jahreszeit verheißen – und die Menschen mit seiner Tunnel-Licht-Metapher auf ein langes Indoor-Leben mit steigenden Infektionszahlen und schärferen Corona-Maßnahmen vorbereitet.

Anschober spannte einen noch weiteren Bogen, bevor er zum Punkt kam, nämlich von Phase eins der Krise bis Phase vier, der aktuellen – also vom Lockdown im März über die ersten Lockerungen im April und die Sommermonate mit den Urlaubsrückkehrern bis jetzt, wo "das Virus wieder voll da ist". Und damit neue Härten dräuen.

Schon oft Hoffnung verbreitet

Als Durchhaltemittel verpasste Anschober der Nation diese Zahlen: Bis zum Jahreswechsel könnte das Land 600.000 Impfdosen für 300.000 Menschen erhalten. Mit den ersten Chargen sollen die Mitarbeiter in Gesundheitsberufen und in der Pflege geimpft werden. Fünf Impfstoffe verschiedener Hersteller – wieder Konjunktiv – könnten zum Einsatz kommen.

Anschober spannte einen weiten Bogen, bevor er zum Punkt kam.
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Voraussetzung für all das ist freilich, dass die zugesagten Wirkstoffe auch eintreffen und diese rechtzeitig genehmigt werden. Und zur Erinnerung: Schon oft hat Türkis-Grün in der Corona-Misere mit markanten Zahlen Hoffnungen verbreitet, die aber meist nicht so rasch eingelöst werden konnten, siehe Verfügbarkeit an Masken, Tests et cetera, et cetera.

Wenn alles glattgehe, so blieb Anschober auf seiner Message zum Tag, könnten nächsten Sommer auch alle, die sich gegen das Virus rüsten wollen, einen Impfstoff erhalten. Einen Vertrag der EU-Kommission als Vertreterin der EU-27 gibt es bereits mit dem Pharmaunternehmen Astra Zeneca, mit fünf weiteren wird noch verhandelt, erklärte das Gesundheitsressort.

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Eine Impfung könnte es schon Anfang nächsten Jahres geben, so Anschober.
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Verständnis für Grant

Dazu wartete der Gesundheitsminister, wegen schlampiger Rechtsakte aus seinem Ressort in Dauerkritik, mit weiterem Datenmaterial auf – und warb um Verständnis für ihn und seine Mitarbeiter, die seit einem halben Jahr rund um die Uhr im Einsatz seien: 91 Verordnungen in sechs Monaten habe es zur Bekämpfung der Pandemie gegeben, 144 Gesetze und Erlässe, 11.000 Anfragen an die Rechtsabteilung in seinem Haus, 105.000 Anfragen von Bürgern. Dass da in den letzten Tagen "ein bisschen viel Aufregung entstanden" sei und auch "ein bissel ein Grant", verstehe er gut, sagte Anschober.

Immer wieder mahnte der Minister auch für die Erkältungszeit Abstand, Hygieneregeln, das Tragen von Mund-Nasen-Schutz ein, und: Nein, einen zweiten Lockdown, falls die Corona-Ampel auf Rot springt, die mit Freitag online geht, werde es nicht geben. Bevor es weitere Eingriffe in Grundrechte setze, werde er drohende "Sondersituationen" mit der Regierung und dem Hauptausschuss des Nationalrats beratschlagen, versprach Anschober.

Während seiner langen Rede platzten gleich mehrere Eiltmeldungen von türkiser Seite, die ebenfalls Pressetermine angesetzt hatte, über die Agenturen: Das Ministerinnenduo Aschbacher und Schramböck vermeldete 422.910 Arbeitslose und 452.499 Kurzarbeiter für August, Innenminister Karl Nehammer will einen Spion dingfest gemacht haben. (Jan Michael Marchart, Nina Weißensteiner, 1.9.2020)