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Hichem Mechichi war im Februar zum Innenminister in der alten Regierung ernannt worden.

Foto: AP / Riadh Dridi

Inmitten einer schweren politischen Krise hat das tunesische Parlament eine neue Regierung gewählt. Der bisherige Innenminister und neue Ministerpräsident Hichem Mechichi und sein Kabinett erhielten am Mittwochmorgen nach einer rund 15-stündigen Sitzung die Stimmen von 134 der 217 Abgeordneten. Die neue Regierung setzt sich vor allem aus Beamten, privaten Führungskräften und Akademikern zusammen.

67 Abgeordnete votierten gegen die Regierung. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Elyes Fakhfakh im Juli hatte Staatschef Kaiz Zaied den parteilosen Mechichi beauftragt, eine neue Regierung zu bilden. Mechichi war im Februar zum Innenminister in der alten Regierung ernannt worden. Fakhfakh war bereits der siebente Premier seit dem Sturz von Machthaber Zine el Abidine Ben Ali im Jahr 2011.

"Regierung für Arbeit und Leistung"

Dies ist das dritte Kabinett in Tunesien seit der Wahl dieses Parlaments im vergangenen Jahr. Das tunesische Parlament hatte erst im Februar die Regierung unter Fakhfakh akzeptiert. Mehrere Versuche, nach der Wahl im vergangenen Oktober eine Regierung zu bilden, waren gescheitert. Bei der Parlamentswahl im Oktober 2019 waren die etablierten Parteien abgestraft worden. Daraus resultiert ein zersplittertes Parlament.

Mechichi hatte einen Monat Zeit, seine Regierung zusammenzusetzen. Sieben Tage vor der Sitzung am Dienstag hatte er dem Parlament seine Regierung aus Technokraten vorgestellt. Dieser werde "in der Tat eine Regierung für Arbeit und Leistung sein", sagte Mechichi am Dienstag in seiner Rede vor dem Parlament. Sie werde "nach unkonventionellen und innovativen Lösungen" suchen und so Ausgaben reduzieren.

40 Prozent der Tunesier in Armut

Die beiden großen Parteien, "Kalb Tounes" (Herz Tunesiens) und die islamisch-konservative Ennahda, hatten sich in der Nacht auf Dienstag entschieden, für die Regierung zu stimmen. Mit weniger als 109 Stimmen hätte Präsident Zaied die Versammlung auflösen und vorgezogene Wahlen für Anfang 2021 einberufen können.

Das nordafrikanische Land kämpft mit großen wirtschaftlichen Problemen. Etwa 40 Prozent der Tunesier leiden nach offiziellen Angaben unter Armut. Besonders die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Fast jeder Dritte Hochschulabsolvent findet keinen passenden Job. Zuletzt waren auch die Zahlen der Corona-Infektionen gestiegen. (APA, 2.9.2020)