Gesellschaften westeuropäischer Länder teilen viel und leben lang, lautet das Ergebnis einer Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung.

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Geteilte Ressourcen innerhalb einer Gesellschaft wirken sich nicht nur positiv auf die Gesundheit, sondern auch auf die Langlebigkeit des Einzelnen aus – das belegt eine Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock. Forscher analysierten dazu Daten aus weltweit 34 Ländern und fanden einen starken Zusammenhang zwischen der Menge geteilter Ressourcen und der durchschnittlichen Lebenserwartung.

Die Forschenden gehen deshalb davon aus, dass Menschen in Gesellschaften, in denen man sich gegenseitig mit Ressourcen unterstützt, älter werden: "Neu an unserer Studie ist, dass wir zum ersten Mal Transferleistungen von Staat und Familie zusammengefasst und ihren Effekt ausgewertet haben." Worunter staatliche Subventionen, Geld- und Sachleistungen, aber auch private Unterstützungsleistungen zwischen den Generationen zu verstehen sind.

Für alle Länder wurden staatliche und private Transferleistungen, die jeder Einzelne über seine Lebenszeit erhält und gibt, zusammengenommen und ins Verhältnis zum Lebenseinkommen gesetzt.

Gesellschaften westeuropäischer Länder teilen viel und leben lang – wohingegen Länder in Subsahara-Afrika wie beispielsweise Senegal lediglich den geringsten Anteil ihres Einkommens teilen und von allen untersuchten Ländern die höchste Sterblichkeitsrate aufweisen. Fazit: Wer wenig teilt, stirbt früher.

Umverteilung beeinflusst Sterblichkeit

Im wirtschaftlich besser als andere afrikanische Länder entwickelten Südafrika werden nur wenige Güter umverteilt – auch hier ist die Sterblichkeitsrate vergleichsweise hoch. Zudem ist auch die Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen bis zu 20 Jahren erhöht. "Unsere Analysen legen nahe, dass Umverteilung die Sterblichkeitsrate eines Landes entscheidend beeinflusst, unabhängig vom Bruttoinlandsprodukt pro Kopf", sagen Forscherinnen und Forscher.

Gesellschaften in westeuropäischen Ländern geben ebenso wie die japanische viel an die Jüngsten und Ältesten weiter. Hier sind die Sterblichkeitsraten niedrig. Auch in den untersuchten südamerikanischen Ländern sind die Transferleistungen hoch. Mehr als 60 Prozent des durchschnittlichen Lebenseinkommens werden mit anderen geteilt. Ihre Sterblichkeitsraten liegen niedriger als in den Ländern Subsahara-Afrikas, jedoch über denen von Westeuropa, Australien, Japan und Taiwan.

Franzosen leben länger

In den Ländern mit den niedrigsten Sterblichkeitsraten, nämlich Frankreich und Japan, teilen Durchschnittsbürger zwischen 68 und 69 Prozent des Lebenszeiteinkommens mit anderen. Entsprechend ist das Risiko, im kommenden Jahr zu sterben, für Menschen über 65 Jahre nur halb so groß wie in China oder der Türkei, wo zwischen 44 und 48 Prozent des Lebenszeiteinkommens umverteilt werden.

Besonders interessant sei es, dass die Beziehung zwischen Großzügigkeit und Lebensdauer nicht davon abhänge, ob die Zuwendung vom Staat oder aus dem familiären Umfeld komme, heißt es seitens der Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Beides ließe die Bevölkerung im Vergleich zu Gesellschaften mit weniger Transferleistungen älter werden. (Julia Palmai, idw, 2.9.2020)