Die Produktion von Corona-Schutzmasken wurde zum weltweiten Anwendungsfeld für die Plasticpreneur-Maschinen aus Niederösterreich.

Foto: The Maker Space and Plasticpreneur by Doing Dircular

Wirtschaft und Umweltschutz zusammendenken – letztendlich bleibt das die einzige Alternative für eine von Wohlstand geprägte Zukunft auf einem lebenswerten Planeten. Ansteigende CO2-Werte in der Atmosphäre, Raubbau an Wäldern und anderen Ressourcen und omnipräsenter Plastikmüll zeichnen – derzeit noch – ein anderes Bild.

Wie man das Müllproblem angehen könnte und Menschen gleichzeitig eine wirtschaftliche Perspektive geben kann – das haben sich die Gründer des niederösterreichischen Start-ups Doing Circular überlegt. Raphaela Egger, Sören Lex, Boris Rauter und Florian Mikl entwickeln einfache Maschinen, die – ohne industrielle Prozesse – Plastikmüll in neue Produkte verwandeln.

Lokale Face Shield-Produktion

Gerade in Ländern, wo wirtschaftliche Probleme und der Mangel an einer flächendeckenden Abfallsammlung zusammenkommen, könnten die Geräte sinnvolle Arbeit leisten, wie die Gründer hoffen. Die Idee entstand in einem solchen Land – in Uganda –, das Sören Lex vor wenigen Jahren bereiste und wo das Start-up heute bereits einen Mitarbeiter vor Ort hat. 2019 wurden erste Maschinen verkauft, Anfang 2020 wurde, unterstützt vom Technologieinkubator Accent des Landes Niederösterreich, die Firma gegründet.

"Bisher haben wir etwa 60 Maschinen in 40 Länder – vor allem in jene des globalen Südens – verkauft", sagt Mitgründerin Raphaela Egger. Eine gute Gelegenheit für den Einsatz der Recyclinganlagen ist der Bedarf an Corona-Schutzmasken. Egger: "Über 50.000 Face Shields sind bisher weltweit mit unseren Maschinen hergestellt worden. Zumindest 100 lokale Jobs sind dadurch entstanden."

Die Maschinen von Doing Circular werden vor allem in Länder des globalen Südens verkauft, wo Plastikmüll oft allgegenwärtig ist.
Foto: Plasticpreneur by Doing Dircular

Unido-Award

Im Juli kam weiterer Rückwind für die Idee durch eine Würdigung der UN-Entwicklungsorganisation Unido. Doing Circular war hier einer von fünf Preisträgern des globalen Bewerbs "Innovative Ideas and Technologies vs. Covid-19 and beyond" – aus mehr als 1100 Einreichungen aus 108 Ländern.

Angefangen hat die Entwicklung der Geräte mit Open-Source-Bauanleitungen, die man zu adaptieren versuchte. "Wir sind bald draufgekommen, dass wir einiges anders machen müssen", blickt Egger zurück. Starkstrom ist an den Einsatzorten oft nicht vorhanden, die Maschinen mussten mit Normalstrom laufen. Sie wurden kompakt und leicht gehalten, Holz kam verstärkt zum Einsatz. "Der Transport innerhalb unserer Zielländer ist eine große Hürde. Die Maschinen können nun mit Standardversandarten verschickt werden", sagt Egger. Zudem wurden sie so gestaltet, dass sie ohne großen Einschulungsaufwand bedienbar sind.

Per Strom oder Handkurbel

Aktuell bietet das Start-up vier verschiedene Maschinen an, die den Arbeitsfluss einer Recycling- und Produktionsanlage im Kleinen abbilden und ihre Nutzer zu "Plasticpreneuren" machen soll. Zwei der Geräte sind Granulatoren, die den Kunststoffabfall zerkleinern – eines wird durch Strom angetrieben, das andere per Handkurbel. Weiters steht eine Injection-Maschine zur Verfügung, die das Granulat mittels hoher Temperaturen und – händisch erzeugten – Drucks in vorgefertigte Spritzgussformen, sogenannte Moulds, presst. Und schließlich gibt es einen Extruder, der das Granulat durch eine Schnecke führt, um es in die Formen zu drücken. Er eignet sich für die Herstellung größerer Kunststoffobjekte.

Der Kunststoffabfall wird zuerst verkleinert, dann unter großer Hitze in Spritzgussformen gepresst.
Foto: Plasticpreneur by Doing Dircular

Die zu verarbeitenden Materialien müssen sortiert, gewaschen und getrocknet werden. Nur ein Teil des Plastikmülls, sogenannte HDPE- und PP-Kunststoffe, sind nutzbar. PET-Flaschen können immerhin geschreddert werden, um sie zu besseren Preisen an die Industrie verkaufen zu können, erläutert Egger. Bei Unsicherheiten werden die Kunststoffe durch Eigenschaften wie Flammenfarbe und die Fähigkeit, auf Wasser oder Öl zu schwimmen, unterscheidbar.

Per Injector können Produkte wie Rechenschieber, Lineale, Knöpfe, Elektroinstallationsdosen und Prothesen hergestellt werden – oder eben Gesichtsmasken. Dank des Extruders entstehen Regenrinnen, Stangen oder Baumaterialien. Die Gründer arbeiten an weiteren Maschinen – etwa für das Pressen von Tischplatten oder Bodenfliesen. Passende Moulds kommen vom Start-up oder können, wo vorhanden, mit CNC-Maschinen gefertigt werden.

Sozial- und Ecotourism

Eine gute Ausstattung an Maschinen, Werkzeugen und Moulds kommt laut Egger auf etwa 10.000 Euro. Viele der Abnehmer sind NGOs, die Natur und Ozeane vor Unrat befreien ("waste pickers") oder Sozial- und Ecotourism-Projekte betreiben. Andere gehen an Gemeinschaftswerkstätten oder Bildungseinrichtungen.

Im Moment werden die Maschinen per Hand am Kärntner Standort des Unternehmens produziert. Nimmt der Bedarf in Zukunft zu, wollen die vier Gründer die Produktion im Sinne der Social-Business-Idee ausweiten. Angedacht ist, so Egger, eine Auslagerung von Tätigkeiten an soziale Werkstätten. (Alois Pumhösel, 5.9.2020)