Ein Netzwerk britischer, kroatischer und österreichischer Wissenschafter hat nun ein Quantennetzwerk geschaffen, das verschlüsselte Kommunikation zwischen acht Teilnehmern erlaubt – doppelt so vielen wie bisher. Die Entwicklung könnte ein Baustein für ein künftiges Quanteninternet sein, berichten die Forscher im Fachjournal "Science Advances".

Hintergrund

Die Gesetze der Quantenphysik könnten in Zukunft absolut abhörsichere Kommunikation ermöglichen. Die Basis dafür bildet das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung: Dadurch bleiben zwei Teilchen – etwa Photonen – unabhängig von ihrer Entfernung wie durch Geisterhand miteinander verbunden. Die Messung an einem legt unmittelbar den Zustand des anderen fest.

Mit diesem Effekt lassen sich Schlüssel generieren, die nicht geknackt werden können – versucht ein Dritter mitzuhören, wird das sofort bemerkt. Solche Schlüssel kann man dann in der klassischen Kommunikation zur Verschlüsselung verwenden.

Pionierleistungen

Über eine direkte Verbindung zwischen zwei Teilnehmern können heute bereits solche Schlüssel ausgetauscht werden. Für mehrere Teilnehmer wäre eine komplexe und teure Infrastruktur erforderlich. Vor knapp zwei Jahren ist es Physikern des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gelungen, eine wesentlich kostengünstigere und technisch ressourcensparendere Lösung zu entwickeln. Das ermöglichte ein Quantennetzwerk mit vier Teilnehmern. Jeder der vier Teilnehmer war mit nur einer Faser mit der Quelle verbunden, die Quantenmechanik erledigt den Rest. Sie garantiert, dass jeder mit jedem im Netz einen quantenphysikalisch sicheren Schlüssel generieren kann.

Nun konnte ein Team um Rupert Ursin vom IQOQI in Bristol ein Netzwerk mit acht Teilnehmern realisieren. "Wir nutzen eine zentrale Quelle für verschränkte Photonen, mit der die acht Netzwerkteilnehmer über Glasfasern verbunden werden", erklärt Sören Wengerowsky vom IQOQI. Im Experiment waren die Detektoren der einzelnen Teilnehmer zwar alle im selben Raum, aber die Glasfasern zum Austausch der Photonen verliefen über mehrere Kilometer durch ganz Bristol.

Und so läuft es ab

Die Quantenverschlüsselung im Netzwerk funktioniert, indem die zentrale Quelle verschränkte Photonenpaare erzeugt und dann separiert an die Netzwerkteilnehmer verteilt. Über die Ankunftszeit der Photonen können verschränkte Lichtteilchen identifiziert und zur Verschlüsselung genutzt werden. Weil verschiedene, aber korrelierte, Wellenlängen genutzt werden, können sich die Kommunikationspartner auf die für sie relevante Wellenlänge konzentrieren und die restlichen Photonen ignorieren. "Das funktioniert auch für mehrere parallele Verbindungen", erklärte Wengerowsky.

Mit dem Quantennetzwerk werden lediglich die Schlüssel generiert, die damit verschlüsselte Nachricht kann dann über eine normale Internetverbindung verschickt werden. Für optimale Sicherheit muss der Schlüssel allerdings genauso groß sein wie die Nachricht, die übermittelt werden soll.

Der Schlüssel muss dabei nicht in Echtzeit erstellt werden, die Netzwerk-Teilnehmer können die Photonen, die den Schlüssel bilden, auch auf Vorrat horten. "Wir haben das Netzwerk im Experiment 17 Stunden am Laufen gehalten und Datenraten zwischen fünf und 300 Bit pro Sekunde erreicht", sagte Wengerowsky. Er räumt ein, dass das noch nicht ausreichend ist, um die sicherste Variante der Verschlüsselung für heute übliche Datenmengen zu implementieren. Es gebe aber technische Möglichkeiten, die Datenrate zu verbessern. Zudem müsse wohl nicht jedes YouTube-Video mit dieser Art von Verschlüsselung gesichert werden.

Jetzt muss das Netzwerk nur noch größer werden

Die Zahl der Netzwerkteilnehmer ließe sich mit dieser Architektur theoretisch vergrößern, dies sei aber technisch herausfordernd. Wengerowsky geht davon aus, dass ein künftiges Quanteninternet wohl auf einen Mix aus verschiedenen Architekturen setzen wird. Die Netzwerkarchitektur könnte den Physikern zufolge auch dazu genutzt werden, um Quantencomputer zu Netzwerken zusammenzuschalten und so eine Cloud aus Quantencomputern zu schaffen. (APA, red, 3. 9. 2020)