Magischer Gemeinschaftssinn, die Camerata Salzburg.

Foto: Pia Clodi

Intendant Matthias Naske ließ es sich nicht nehmen, das Publikum zur Eröffnung der 107. Saison der Wiener Konzerthausgesellschaft mit einer knappen Ansprache voller Freude und Zuversicht zu begrüßen. "Wir sind ja intelligente Menschen", die mit der aktuellen Bedrohung leben lernen können, und im Konzerthaus tue man alles, um für größtmögliche Sicherheit zu sorgen – mit Ruhe und Gelassenheit aufmerksamer Mitarbeiter.

Naske bezeichnete dabei das Kammerorchester, das schon auf der Bühne saß, als "Ensemble" – und traf damit wie nebenbei etwas künstlerisch Essenzielles. Denn die Camerata Salzburg spielte zwei große symphonische Beethoven-Werke ohne Dirigent, geleitet von Konzertmeister Giovanni Guzzo, getragen von einem Gemeinschaftssinn, der ans Magische grenzte. Buchstäblich wie aus einem Guss griffen die Läufe und Phrasen der 1. Symphonie ineinander, mit einem Höchstmaß an Genauigkeit und Sicherheit, wie es manchmal selbst mit Dirigent nicht erzielt wird. Gleiches galt für den ausgewogenen, fließenden Klang.

Gemeinsames Gestalten

Gemeinsames Gestalten und beständiges Aufeinander-Reagieren ist den Musikerinnen und Musikern so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es scheint, als sei es ein kollektiver, unsichtbarer Geist, der die eigentliche Leitung übernimmt.

Zuvor bei Beethovens Violinkonzert war Renaud Capuçon als mitten vor dem Orchester stehender Inspirator zu erleben, vor allem aber als glänzender Virtuose.

Dessen Brillanz stand vielleicht in einem gewissen Widerspruch zum weichen, vielfach schattierten Klang der Camerata. Dennoch fanden Solist und Kollektiv zu aufregend interagierendem Musizieren von teilweise kammermusikalischer Intimität. Insbesondere die hervorragenden Bläser erhielten dabei eine selten zu hörende Präsenz. (Daniel Ender, 3. 9. 2020)