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US-Präsident Donald Trump warnt seit einiger Zeit vor Wahlfälschungen durch die Briefwahl.

Foto: AP / Matt Born

Die USA kommen – genau zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl – nicht zur Ruhe. Am Mittwoch rief Präsident Donald Trump Briefwähler in North Carolina dazu auf, ihre Stimme auch noch persönlich im Wahllokal abzugeben – was illegal ist. "Und wenn deren System so gut ist, wie sie sagen, dann werden sie ganz offensichtlich nicht abstimmen können", sagte Trump bei einem Besuch.

Wenn es hingegen keinen Vermerk über eine Briefwahl gebe, würden sie ihre Stimme noch einmal abgeben können, argumentierte der Präsident. Trump warnt schon seit Monaten vor einer angeblich drastisch erhöhten Fälschungsgefahr bei der Stimmabgabe per Brief bei der Präsidentenwahl am 3. November. Trumps Behauptungen stehen aber in krassem Widerspruch zu den Fakten.

Justizminister sieht Aufruf als Systemtest

US-Justizminister William Barr wurde wenig später in einem Live-Interview des Nachrichtensenders CNN nach einem Kommentar zu Trumps Worten gefragt. "Mir scheint es, dass er darauf hinweisen möchte, dass die Möglichkeiten, das System zu überwachen, nicht gut sind. Und dass man erwischt würde, wenn man ein zweites Mal abstimmen wollte, wenn es gut funktionieren würde", sagte Barr.

Auf den Hinweis, dass ein Versuch, zweimal abzustimmen, illegal sei, antwortete Barr: "Ich weiß nicht, wie die Gesetzeslage in diesem konkreten Bundesstaat ist." Wie Rechtsexperten danach umgehend betonten, ist es in den USA nach Bundesrecht strafbar, mehr als einmal abzustimmen. In North Carolina gilt es laut Wahlrecht ebenso als Verbrechen, mehr als einmal abzustimmen, wie auch dazu anzustiften.

Wieder Wahlmanipulation aus dem Ausland

Die Warnungen des Weißen Hauses vor der Fälschung per Brief verschickter Stimmzettel bei der US-Präsidentenwahl basierten laut Barr lediglich auf "Logik" – er habe keine gesicherten Erkenntnisse, die auf solche Pläne hinwiesen, räumte Barr ein.

"Die Leute sind besorgt über Einmischung aus dem Ausland – und wenn wir ein System nutzen, dass die Bundesstaaten gerade erst einrichten, lässt es die Möglichkeit von Fälschungen zu", sagte Barr weiter. "Jeder könnte das machen" – sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland.

Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste gebe es im Präsidentschaftswahlkampf erneut Versuche aus dem Ausland, den Wahlausgang zu beeinflussen. Dabei versuche Russland, Joe Biden, den demokratischen Herausforderer von Präsident Donald Trump, zu schwächen, hieß es. China und Iran arbeiteten gegen Trump. Auf Basis der Informationen, die er gesehen habe, sei China besonders aktiv, sagte der US-Justizminister. Facebook kündigte mittlerweile an, in der Woche vor der Präsidentschaftswahl keine politische Werbung zuzulassen.

Zugleich wenden sich immer mehr Republikaner von Trump ab. Etwa 100 aktuelle und ehemalige Spitzenvertreter der Regierungspartei und unabhängige Politiker wollen noch am Donnerstag eine gemeinsame großangelegte Kampagne aus der Taufe heben und offen zur Wahl Bidens aufrufen.

Erneut Afroamerikaner durch Polizeischüsse getötet

Neben den Vorwürfe rund um die Briefwahl setzt Trump im Wahlkampf bisher auch verstärkt auf den Slogan "Recht und Ordnung" – vor allem im Zusammenhang mit den andauernden Protesten gegen Polizeigewalt. Während sein Herausforderer Joe Biden in Kenosha, wo nach den Schüssen auf den Afroamerikaner Jacob Blake seit Tagen protestiert wird, die Familie des Opfers treffen will, posierte der Präsident zuvor demonstrativ inmitten eines bei Ausschreitungen verwüsteten Straßenzugs für die Fotografen.

Die Serie gewaltsamer Übergriffe von Polizisten auf Afroamerikaner reißt unterdessen nicht ab. Wie der Polizeichef der US-Hauptstadt Washington, Peter Newsham, bei einer Pressekonferenz sagte, schoss ein Polizist am Mittwoch (Ortszeit) bei einer Fahrzeugkontrolle auf einen flüchtenden Afroamerikaner – der 18-Jährige starb.

Die Beamten hätten einen Hinweis bekommen, wonach sich in einem Auto im Süden von Washington Waffen befinden würden, sagte Newsham. Als die Polizisten sich dem Fahrzeug genähert hätten, seien einige der Fahrzeuginsassen zu Fuß geflüchtet. "Einer der Beamten machte Gebrauch von seiner Schusswaffe", sagte Newsham weiter. Der dabei angeschossene Afroamerikaner sei anschließend in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er für tot erklärt worden sei. Newsham fügte hinzu, dass die Beamten am "Tatort" zwei Waffen sichergestellt hätten.

Nach Angaben von Trayon White, einem Mitglied des Stadtrats, warte die Familie des Afroamerikaners nun auf die Auswertung von Videoaufnahmen. "Wir wollen herausbekommen, was die Aufnahmen der Körperkamera zeigen. Wir wollen wissen, ob er wegrannte, warum er erschossen wurde", sagte White dem Sender Wusa9.

Video belegt Vorfall in Staat New York

Unterdessen gelangte im Bundesstaat New York ein Video an die Öffentlichkeit, das den Tod eines weiteren Afroamerikaners in Polizeigewahrsam zeigt. Im März, als die Corona-Pandemie ihren ersten Höhepunkt erreichte, erstickte der 41-jährige Daniel Prude unter einem Sack, den ihm Polizisten über den Kopf gestülpt hatten.

Prude, so berichtet die "New York Times", hatte in Rochester auf der Straße randaliert und den Beamten gegenüber behauptet, er sei mit dem Virus infiziert. Nachdem er zwei Minuten lang samt Handschellen und mit verhülltem Kopf auf den Boden gedrückt wurde, starb er wenige Tage später im Krankenhaus. Seine Familie, die am Mittwoch die Aufnahmen der Polizeikameras veröffentlichte, verlangt nun, dass gegen die Polizisten wegen Mordverdachts ermittelt wird. (APA, red, 3.9.2020)