Der Name Fuchs ist auch bei Erdwissenschaftern häufig, er verlangt nach Differenzierung. Nichts ist leichter, vor allem, wenn die Tätigkeit einzigartig ist. So erhielt der Geologe Gerhard Fuchs (1934–2020) von seinen Kollegen das Attribut "Himalayafuchs".

Der Name kommt nicht von ungefähr. Fuchs hatte 1957 an der Universität Wien promoviert, nahm noch im selben Jahr als Geologe an der österreichischen Grönland-Expedition teil und wusste dann: "Ich will Expeditionsgeologe werden!" Im Zuge seiner Tätigkeit an der Geologischen Bundesanstalt von 1958 bis 1994 und auch noch nach seiner Pensionierung nahm er an nicht weniger als 18 (!) Expeditionen im Himalaya teil. Es ging immer darum, geologische Karten zu erstellen, sprich die Verteilung von Gesteinen flächenmäßig darzustellen.

"Von 1980 bis 1992 war ich bei jeder Expedition meines Vaters dabei, also achtmal," erinnert sich der Ethnologe Bernhard Fuchs. "Ich war auch mit ihm in der Silvretta bei seinen Kartierungen. Im Grunde hätte ich auch Geologe werden können," resümierte der jüngste der drei Söhne von Gerhard Fuchs. Nach seiner Promotion 1997 war Bernhard Fuchs zunächst Universitätsassistent, später Assistenzprofessor am Institut für Europäische Ethnologie an der Universität Wien. Seine beiden älteren Brüder sind als Förster und Gartengestalter in Berufen mit engem Naturbezug tätig.

Bernhard Fuchs: Vom Dach der Welt nach Bollywood

Dass es Ethnologie wurde, hängt zum einen mit den Expeditionen seines Vaters zusammen, wo ihn die Begegnungen mit der Welt der Hindi und der Nepali in den Bann zog. "Es war die respektvolle Art der Begegnungen mit den Menschen im Himalaya, die mich faszinierte. Sie wurde dadurch begünstigt, dass mein Vater deren Sprachen erlernte," blickt der Ethnologe zurück, der seinen Forschungsschwerpunkt im Themenbereich Medien und Kulturtransfer hat. Hier widmet er sich insbesondere dem Thema "Bollywood" und gehört zu den Experten des indischen Films.

"Ich machte mit Hindi-Filmen erste Bekanntschaft, als ich mit meinem Vater in einem Nachtbus – einer 'Super-de-Luxe-Couch' – zwischen Delhi und Manali reiste, wo ständig Videos liefen," erinnert sich Fuchs junior. Dass er sich dann für Ethnologie entschied, hat seine Ursache nicht nur bei der Vielfalt der Völker und Menschen am welthöchsten Gebirgsmassiv, sondern wohl auch bei seiner Mutter. Ingolde Fuchs hatte im Jahr 1961 an der Universität Graz in Volkskunde und Kunstgeschichte über Bildstöcke am Straßenrand promoviert.

Vater Gerhard Fuchs, der Geologe ("Himalayafuchs"), und Sohn Bernhard, der Ethnologe.
Foto: Fam. Fuchs

Heinz A. Kollmann: Frühe Fossilfaszination

Ähnlich, wenngleich "nur" in Österreich, lief es bei Familie Kollmann. "Als Mittelschüler bin ich mit meinem Vater bei seinen geologischen Feldarbeiten in der Steiermark und in Niederösterreich immer wieder mitgegangen," blickt Heinz A. Kollmann, pensionierter Paläontologe und von 1988 bis 1994 Erster Direktor (heute: Generaldirektor) des Naturhistorischen Museums in Wien, auf die 1950er-Jahre zurück.

Sein Vater, Kurt Kollmann (1915–1982), hatte 1939 seine Dissertation "Beiträge zur Geologie des Seeberggebietes" an der Universität Wien abgeschlossen und im selben Jahr bei der Rohöl-Aufsuchungs-AG angefangen. Am 4. Dezember 1939 musste er einrücken, geriet in Kriegsgefangenschaft und konnte erst zehn Jahre später wieder seine Arbeit als Erdölgeologe in Österreich aufnehmen. Sein Arbeitsgebiet war die östliche Steiermark, wo man hoffte, Erdöl und Erdgas zu finden.

Am Beginn standen umfangreiche Kartierungsarbeiten, bei denen sein Sohn Heinz in den Schulferien oft dabei war. "In den Sandgruben habe ich fossile Muscheln und Schnecken gesammelt und dann auch bestimmt," weiß der nimmermüde Forscher zu berichten, der auch in seiner Pension regelmäßig ins Museum geht, wo er einen Arbeitsplatz hat. Kollmann fährt fort: "Dass ich Geowissenschaften studieren werde, war klar – dass es Paläontologie werden würde, war damals nicht absehbar."

Vater Kurt Kollmann, der Erdölgeologe, und Sohn Heinz, der Paläontologe
Foto: Fam. Kollmann/NHMW

Lebenslängliche Liebe für fossile Schnecken

Dissertierte Heinz Kollmann über die Region Gams bei Hieflau in der Steiermark, so blieben fossile Weichtiere, konkret Muscheln und Schnecken, sein Lieblingsthema als Forscher. Kollmann wurde zum international anerkannten Experten für Schnecken aus der Kreidezeit. "Als ich 1962 am Museum anfing, wollte mein damaliger Chef, Helmuth Zapfe, dass ich mich den Korallen aus der Trias widme, aber das war nicht meins," schmunzelt Kollmann, der den Schnecken treu blieb, verschmitzt.

In seiner Zeit als Chef des Museums konnte er den Dachausbau und den Tiefenspeicher realisieren: Letzterer entstand parallel zu den Bauarbeiten der U3-Station Volkstheater, die sich neben dem Museum befindet.

Eduard Suess, seine Kinder und Enkel Hans

Einer der bedeutendsten Geologen, der in London geborene und in Wien wohnhafte Eduard Suess (1831–1914), hatte sieben Kinder, zwei Töchter (Paula und Sabine) und mit Adolph, Hermann, Franz, Otto und Erhard fünf Söhne. Nur Franz Eduard Suess (1867–1941) ergriff den Beruf des Vaters. Paula (1861–1921) heiratete 1878 den Paläontologen Melchior Neumayr (1845–1890) und wurde schon früh Witwe, doch um Heiratsbeziehungen geht es hier nicht.

Wissenswerte Details enthält der handschriftliche Lebenslauf, den Franz Eduard, der im Juli 1891 promoviert hatte, am 4. März 1893 zusammen mit seiner Bewerbung an die k. k. Geologische Reichsanstalt (heute: Geologische Bundesanstalt) schickte. Hier schreibt er "als Sohn des Universitätsprofessors Eduard Suess", dass er zum einen "hauptsächlich geologische und andere naturwissenschaftliche Vorlesungen", zum anderen "viele größere und kleinere Reisen zum Zwecke geologischen Studiums" gemacht hatte. Interessant ist, dass er von sich selber in der dritten Person schreibt. Weiter im O-Ton: "… hauptsächlich waren es Exkursionen in den Alpen, bei denen er seinen Vater Professor E. Suess begleitete, die wichtigste darunter war eine Exkursion in die Radstädter Tauern …"

Vater Eduard Suess, Geologe und Politiker, und Sohn Franz Eduard, der Geologe.
Foto: Archiv Stephen Suess

Als Franz Eduard anlässlich des schweren Erdbebens in Laibach am 14. April 1895 nach Slowenien geschickt wurde, um vor Ort die Schäden zu begutachten und die Ursache zu suchen, stand er in engem Briefkontakt mit seinem Vater und seiner Schwester Paula. So schrieb er am 19. April aus dem Bebengebiet an seinen Vater: "… für Rathschläge bin ich Dir stets sehr dankbar und möchte Dich bitten, mir etwaige sonstige Weisungen mitzutheilen." Das klingt fast so, als wäre der Filius von Wien aus ferngesteuert gewesen, doch im Grunde nutzte er das Wissen, die Erfahrungen und die Netzwerke seines Vaters.

"Der kleine Suess"

Interessante Details zur Geschichte der Familie Suess enthalten unveröffentlichte Erinnerungen der dritten Generation, sprich von Hans Suess (1909–1993), Chemiker und Kernphysiker, dem Sohn von Franz Eduard Suess. Hatten Eduard und sein Sohn Franz Eduard als Geologen den gleichen Beruf, so zeigte Franz Eduard keinerlei politische Ambitionen, während sein Vater Abgeordneter im Reichstag war.

Franz Eduard war sehr musikalisch, hatte zwei Kinder, drängte aber seinen Sohn Hans keineswegs, Geologie zu betreiben. Natürlich war auch Hans mit seinem Vater bei geologischen Arbeiten unterwegs und erhielt von ihm Einblicke in die damals neuen Theorien der Plattentektonik.: "… in the early 1920’s, [he] explained to me the principles of continental drift, and the existence of continental plates. He explained to me how the Alps had been pushed up by the pressure of the African continent against central Europe". Aber der Senior musste einsehen, dass der Junior kein Interesse zeigte: "… but he realized that I was not particularly interested."

Bei der Wahl des Studiums tendierte Hans Suess zu Chemie und Physik. Sein Vater Franz Eduard sah in den 1920ern die Zukunft in der Biologie: "'Biology', he said 'is the science of the future, and we are approaching an age of biotechnology'."

Großvater Eduard Suess und sein Enkel Hans, Franz Eduard Suess und sein Sohn Hans, zukünftiger Kernphysiker.
Foto: Archiv Stephen Suess

Machte Hans Suess, der alles wollte, nur nicht "der kleine Suess" genannt werden, seine Karriere in den Vereinigten Staaten, reüssierte er unter anderem mit Arbeiten über die Radiokarbonmethode. Damit leistete er wichtige Beiträge zur absoluten Altersbestimmung der jüngsten Zeitabschnitte in der geologischen Geschichte des Planeten. (Thomas Hofmann, 8.9.2020)